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WOLF & MOON

Eine Art Neustart

WOLF & MOON

„To Get Lost“ ist das dritte Album des niederländischen Wahlberliner-Pärchens Wolf & Moon – und so, wie sich das auf den ersten Blick darstellt, ist es ein ganzes Stück ernsthafter, düsterer und existenzialistischer ausgefallen, als das was Stefany und Denis (so die richtigen Namen des Paares) bislang als Chronologie ihres Troubadour- und Vagabundenlebens präsentierten. Gründe für diesen Wechsel des Tenors gäbe es so einige. Denn als die neuen Songs entstanden und eingespielt wurden, war Stefany zum dritten Mal schwanger – nachdem sie zuvor zwei Fehlgeburten erlitten hatte. Inzwischen zeugt ein kleiner Wolf (der bereits als drittes Bandmitglied – vielleicht als Drummer – eingeplant ist) davon, dass die Sache gut gegangen ist.

„Wir hatten die Songs ein halbes Jahr vor unserer letzten Tour geschrieben – damals war ich ja hochschwanger“, erklärt Stefany, „da hatten wir diese aber noch nicht gespielt, weil die Produktion noch nicht fertig war. Der Titel des Albums hat aber nichts damit zu tun – den hat Denis nämlich gefunden."

„Wir wollten die ersten drei Scheiben miteinander verbinden“, erklärt Denis, „nachdem die letzte Scheibe 'Follow The Signs' hieß, haben wir nach etwas gesucht, das dazu passte. Wir hatten schon Songtitel wie 'Lost And Low' – aber wir finden es cool, wenn nicht einfach ein Songtitel der Titel der LP ist und deswegen kam der Gedanke, es 'To Get Lost' zu nennen – denn wenn 'Follow The Signs' eine Richtung vorgibt, dreht das 'To Get Lost' alles komplett um. Und auf dieser Platte gibt es auch einige persönliche Dinge, die etwas schwerer für uns waren und die Scheibe ist auch düsterer als die letzten. Aber 'To Get Lost' hat für uns auch noch eine andere Bedeutung – etwa wie ein spielendes Kind sich in irgend etwas zu verlieren. Und das passte dann wieder zum Titel des ersten Album 'Before It Gets Dark' – bevor es dunkel wird hat die Mama gesagt, dass Du wieder zu Hause sein musst."

Düsternis und unangenehme Szenarien waren für Wolf & Moon aber noch nie der Grund, aufzugeben. Auch die neuen Tracks kommen oft mit einer kämpferischen Note daher und wirken auch gut als Durchhalteparolen.

„Ja, genau – wir wollen die Leute, die die Platte anhören nicht runterziehen“, führt Denis aus, „wir wollen auch immer ermunternd wirken. So sind wir selber ja auch. Wir erleben auch Sachen, die nicht so super-happy sind – aber am Ende haben wird alles gut – und wir wollen es auch gut machen. So sind wir."

Heißt das, dass man sich dann immer ein Ziel setzen oder einen Traum haben sollte, auf den man dann hinarbeiten sollte?

„Das ist interessant“, überlegt Denis, „das Spannende ist, dass wir jetzt drei Alben gemacht haben und schon einiges erreicht haben. Aber manchmal denkt man sich – ach, wir würden doch gerne noch erfolgreicher sein und noch mehr Fans gewinnen. Es ist gut, ein solches Ziel zu haben – aber eigentlich ist für uns der Weg dahin auch nicht schlecht. Denn ich höre auch von sehr erfolgreichen Musikern oft, dass sie auch nicht glücklicher sind, wenn sie ein gestecktes Ziel ein Mal erreicht haben."

„Der Drive weiterzumachen ist für mich, wenn ich dann so einen Funken mit Ideen spüre“, erklärt Stefany ihre Version des Mottos 'der Weg ist das Ziel', „nach der jetztigen Platte hatte ich das erst mal gar nicht – aber vor ein paar Tagen kam mir eine Idee – und wenn der Funke erst mal da ist, kommt die Energie und der Wunsch, wieder etwas zu machen."

Was haben Stefany und Denis denn dieses Mal musikalisch anders gemacht? Es fällt zum Beispiel auf, dass die Gesangsparts dieses Mal paritätischer besetzt sind und auch mehr zusammen gesungen wird.

„Ah geil“, meint Denis, „wir haben dieses Mal zwei Sachen verändert. Zum einen haben wir im Vorfeld mehr zusammen – mit der Gitarre auf der Couch – geschrieben, bevor wir ins Studio gegangen sind. Wir wollten nämlich mehr vorbereitet sein. Die zweite Platte haben wir fast komplett im Studio entwickelt. Wir sind morgens rein und wussten gar nicht, was am Abend daraus werden würde und haben oft einen Song an einem Tag fertiggestellt. Und jetzt haben wir im Vorfeld auch mit dem Berliner Produzenten Robert Stephenson an drei Songs gearbeitet, der uns auch ein bisschen beim Songwriting geholfen hat. Als wir dann in Stockholm ins Studio gegangen sind, wo wir an unsere Sachen immer mit unserem Produzenten John Andersson arbeiten, hatte der noch einen Musiker eingeladen, der uns als Multiinstrumentalist und besonders am Bass ausgeholfen hat. Das wichtigste für diese Scheibe war nämlich, dass wir mehr Analog-Bass als Synthie-Bass haben wollten."

Live wirkt sich das erst mal nicht aus – da Stefany und Denis immer noch als Duo touren wollen – aber es sorgte für ein deutlich organischeres Klangbild und ein dichteres Band-Feeling bei den neuen Aufnahmen.

„Ja, und mir war es noch wichtig, dass wir mehr Up-Tempo-Nummern auf der Scheibe hatten“, ergänzt Stefany, „also schnellere Lieder, weil wir Bock haben, im nächsten Jahr mehr zu touren und auf Festivals spielen wollen - und da braucht man so etwas.“

Gab es denn da auch andere Inspirationsquellen als bislang?

"Ja, wir haben zum Beispiel an die alten Santigold-Sachen von 2000 gedacht“, führt Stefany aus, „das ist ein Act, den wir beide mögen. Und Kevin Morby war auch eine große Inspiration für uns."

Ist denn diese dritte LP jetzt als Abschluss einer Phase zu sehen – oder gibt es noch einen vierten Teil?

„Gute Frage“, räumt Denis ein, „gefühlsmäßig ist das jetzt der Abschluss unserer Stockholm-Phase – ohne das wir wissen, wo genau es hingehen soll. Wir hatten mit John Andersson sowieso abgesprochen, dass wir drei Scheiben machen würden und dann mal weiter schauen wollten. Wir denken auch, dass es sehr erfrischend ist, wenn man nach drei Platten nach einer neuen Richtung sucht. Aber das ist noch nicht fix. Wir arbeiten jetzt zum Beispiel an einem Song, der noch aus dieser Phase kommt."

„Ja, der klingt aber ganz anders als unsere anderen Sachen“, ergänzt Stefany, „das ist eine Übergangs-Sache. Dann schauen wir wirklich mal weiter. Bislang sind unsere Scheiben ja immer schnell aufeinander gefolgt – aber dieses Mal wird es länger dauern, weil wir uns erst mal einen neuen Produzenten suchen wollen. Wir wissen aber noch nicht genau, ob wir uns neu erfinden wollen."

Dabei muss ja auch der kleine Wolf mitgedacht werden, oder?

„Ja – aber der kommt ja demnächst in eine Kita und dann haben wir unseren normalen Tagestakt zurück – jedenfalls bis vier Uhr. Auf jeden Fall ist das aber für uns eine Art Neustart."

Schauen wir mal, wie sich das entwickelt. Bevor es so weit ist, an eine neue Produktion heranzugehen, werden Wolf & Moon jetzt erst Mal auf Tour gehen. Hier gilt es, die Website im Auge zu behalten, da der Buchungsprozess noch in vollem Gange ist.

Aktuelles Album: To Get Lost (Filter / ADP)


Weitere Infos: https://wolfandmoonmusic.com/

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