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STEPHAN BINDELLA

Das gedrehte Leben

STEPHAN BINDELLA

Stephan Bindella ist schon allein deshalb ein Phänomen im Musikgeschäft, weil er in Los Angeles ein komplettes Album mit allem Drum Und Dran aufgenommen hat, um es anschließend in die Tonne zu treten.

Das Glück des Tüchtigen

„Es hat zwar unglaublich viel Kraft gekostet, ein solches Album aufzunehmen“, verrät der Schweizer Künstler, „aber als ich dann spüre, es ist nicht das herausgekommen, was ich mir vorstellte, gab es nur die eine Konsequenz - nichts davon veröffentlichen. Es hat sich einfach alles falsch angefühlt.“

Nicht wenige hätten an diesem Punkt der kreativen Wegstrecke aufgegeben, nicht so Stephan Bindella. Er steht auf, schüttelt sich und geht sein Weg weiter. Aber wie sagt das Sprichwort? Das Glück ist mit dem Tüchtigen. So ist es denn auch bei Stephan Bindella, er trifft zufällig auf Alex Grob, den ehemaligen Manager von Nena. Ein alter Hase, der die Tücken und die Klippen des Geschäfts zur Genüge kennt.

„Er zwang mich fast, intensiv an mir und meinen musikalischen Ideen zu arbeiten“, erinnert sich Stephan Bindella. So findet er zu seinem neuen Ausdruck, zu neuem Selbstbewusstsein und zu Vertrauen in seine Kompositionen.

„Die Stücke, die ich jetzt für das Album ‚Greenlove’ ausgewählt habe, das sind Stücke, hinter denen ich voll und ganz stehe - ohne wenn und aber“, fügt der Sänger an. Waren die ersten Aufnahmen eher eine ziellose Träumerei, stehen die neuen Lieder und Stephan Bindella mit beiden Beinen in der Realität und sind in sich stimmig. Und der geistige Blick ist nicht mehr verhangen.

„Ein weiteres gutes Zeichen ist auch die Tatsache, das ich neue Sachen immer wieder hören und immer wieder spielen kann“, sagt er, „es ist, als hätten sich nicht nur meine Lieder, sondern mein ganzes Leben gedreht.“



Auf nach Nashville

So präpariert geht Stephan Bindella ins neue, alte Musikmekka - nach Nashville. Dort trifft er auf den Singer/Songwriter und Multiinstrumentalisten Judson Spence. Dem Kenner dürfte er deshalb bekannt sein, weil sein Lied ´The Power´ sowohl von Cher, als auch von Amy Grant gecovert wird und ihm Millionenverkäufe einbringt.

„Wir haben uns auf Anhieb verstanden und sofort angefangen, gemeinsam Lieder zu schreiben“, erzählt Stephan Bindella, „es war fast wie ein kreatives Ping-Pong-Spiel. Judson Spence ist mir einem Riff gekommen, dazu ist mir ein Text eingefallen oder ich habe einen Text geträllert und er hatte instinktiv die richtige Melodie dazu.”

Mit einem Sack voller neuer Stücke trifft er dann in Hamburg ein, um mit Franz Plasa daran weiterzuarbeiten und in seinem Homestudio aufzunehmen.

„Franz Plasa war genau so wie Judson Spence, extrem inspirierend, er hat sich die Sachen, die ich aus Nashville mitbrachte noch mal auf eine andere Qualitätsebene gehoben“, daran lässt der Schweizer Sänger keinerlei Zweifel. Jetzt liegt nach vier Jahren der Irrungen und Wirrungen das Album auf dem Tisch, dass das erste hätte werden sollen. Mit ´Greenlove´ wäre wieder einmal mehr bewiesen, dass dem realen Leben einfach die besten Geschichten abgelauscht werden können. Und da man sich im eigenen Leben meist am besten auskennt, sind eben diese noch eindrucksvoller. Gleich der erste Titel der Platte ´Beautiful Mess´ mag beispielgebend dafür sein, wie sich ein Lebensinhalt von bitter zu süß wandelt.



Nicht nur die pure Schwere

Doch Leidensweg hin oder her, die CD ´Greenlove´ ist kein Stimmungskiller. Keine Platte, die ausschließlich der Last des Lebens nachspürt.

„Wenn man nachdenkt, Dinge ändert oder in die richtige Position bringt, nimmt das sicherlich einen großen Raum im persönlichen Leben ein, aber das heißt ja noch lange nicht, dass ich das pure Vergnügen aus meinem Leben verbannt hätte“, hat Stephan Bindella zum ersten Mal während des Gespräches ein Lächeln im Gesicht, „und natürlich beeinflusst oder inspiriert auch dieser Teil meines Lebens meine Lieder.“

So wird bittersüße Melancholie stets von jubelschreienden Melodien konterkariert. Und auch die erste Singleauskopplung ´A Night To Remember´ ist dann auch her ein Stück für die Tanzdiele, als eins, mit dem man sich ins stille Kämmerlein zurückzieht, um seinem leidenden Affen Zucker zu geben.

„Ich finde es voll wichtig, in allem Leiden auch das Positive zu suchen und trotzdem komplett ehrlich zu sein, das muss ich einfach noch mal deutlich machen“, sagt der Schweizer zum Schluss. Und dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Aktuelles Album: Greenlove (rar / Motor Entertainment / edel)

Foto: Sven Sindt


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