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AILBHE REDDY

Die Geschichte zählt

AILBHE REDDY

Als die irische Songwriterin Ailbhe (sprich: „Elbi“) Reddy 2020 ihr Debüt-Album „Personal History“ veröffentlichte, ging es noch ein wenig darum, das Terrain abzustecken, in dem sie sich hinkünftig musikalisch zu bewegen gedachte. Damals entschied sie sich für einen Alt-Folk-Pop-Ansatz mit Schrammelpop-Elementen, der aber schon damals vermuten ließ, dass da noch einiges in petto sein könnte. Dieser Eindruck bestätigt sich mit ihrem nun vorliegenden zweiten Album „Endless Affair“, dass neben einer bereits erkennbaren musikalischen Orientierung in Richtung Indie-Pop mit Rock-Elementen auch ein bemerkenswert interessantes Konzept bietet. Denn um ihren persönlich gefärbten Selbstfindungssongs ein inhaltliches Korsett zu verpassen, entschied sich Ailbhe, das Album im Stile eines klassischen Vinyl-Albums mit einer „A“ und einer „B“ Seite zu konzipieren – wobei sich auf der „Seite 1“ eher fröhlich unbekümmerte mit hedonistischen Tendenzen Popsongs befindend, während es auf der „Seite 2“ mit Druck und Düsternis in die Tiefe geht und Profundes diskutiert wird. Aber lassen wir Ailbhe einmal selbst erklären, was sie sich dabei gedacht hat:

„Ja das war eine bewusste Entscheidung und soll die Geschichte des Albums widerspiegeln“, berichtet Ailbhe, „und diese Geschichte handelt von meiner Unfähigkeit, bestimmte Sachen hinter sich lassen zu können. Die ersten Tracks auf Seite 1 bis zu 'Last To Leave' handeln von Hedonismus und Dingen, die aus dem Ruder laufen und davon jung und total crazy zu sein. Zur Hälfte des Albums wechselt der Tenor auf Seite 2 dahingehend, wie ein solches Verhalten dann Deine Umgebung und Deine Beziehungen beeinträchtigt. Und die letzten beiden Songs 'Pray For Me' und 'Motherhood' handeln dann von den grundlegenden Beziehungen in Deinem Leben und davon, wer Du wirklich bist. Das ist für mich die Reise, die auf diesem Album durchlaufen wird. Die Dualität dessen, wie die Menschen Dinge auf unterschiedliche Weise erfassen – eine gute Tochter, eine schlechte Partnerin, Trottel an einem Tag und ein Arschloch am anderen und ein wirklich guter Freund am folgenden. Das kann ja alles mit ein und derselben Person passieren."

Was ist denn dann Ailbhe's bevorzugte Tugend als Songwriterin?

„Aufrichtigkeit, denke ich“, überlegt, „da kann ich irgendwie nicht anders. Ich versuche gelegentlich zwar, das alles ein wenig zu bearbeiten, aber Ehrlichkeit ist mir schon wichtig. Ach ja: Und andere Menschen klar zu betrachten."

Was – außer einer guten Geschichte - zeichnet dabei einen guten Song aus; vielleicht auf der musikalischen Ebene?

„Was ich an der Musik am meisten mag, ist der Umstand, dass es nur eine endliche Anzahl von Noten gibt, die man verwenden kann“, überlegt Ailbhe, „und doch finden die Menschen immer wieder Möglichkeiten, diese Töne in einer Art arrangieren, dass sie unglaublich berührend sein können. Für mich sind es allerdings meistens die Texte, die mich anziehen. Wenn ich selbst Songs schreibe, dann finde ich immer dann interessant, wenn mir Textzeilen einfallen und ich sie schnell auf dem Handy aufnehme. Und wenn ich einen Song schreibe, dann habe zumindest eine grobe Vorstellung davon, worüber ich schreiben will. Dann schaue ich mal, wo die Ideen herkommen und dann kann es sein, dass ich ganz schön lange an den Texten herumfeilen muss, bis sie Sinn machen."

Denkt Ailbhe denn über ihre musikalische Zukunft nach – oder lässt sie alles auf sich zukommen?

„Also mein Ziel ist es einfach weitere Alben zu machen“, erklärt sie, „ich mag diesen Prozess des Aufnehmens und des Schreibens sehr und ich mag auch ins Studio zu gehen. Das ist der Teil meines Jobs, den ich sehr schätze. Jeder hat ja Aspekte an seinem Job, den er mag oder nicht mag. Zu Touren ist OK für mich und das Reisen finde ich nicht so cool. Für mich ist es das Schreiben und Aufnehmen der Songs, was ich richtig liebe. Also ist mein Plan das so lange wie möglich zu machen. Ich arbeite auch noch an anderen Projekten mit elektronischen Künstlern zusammen – was ganz interessant ist, weil es Dich sozusagen 'frisch' hält und man so verschiedene Ideen aus verschiedenen Genres aufschnappt. Das verändert die Sichtweise. Wovor ich bislang noch zurückgeschreckt bin, ist Streicher bei meiner eigenen Musik einzusetzen – weil ich bislang immer dachte, dass das eine Abkürzung ist, etwas gut klingen zu lassen – auf eine pathetische Weise. Das ist dann etwas, was ich auf der nächsten Scheibe vermutlich aber mal ausprobieren werde; auch wenn das erst mal ziemlich einschüchternd wirkt."

Aktuelles Album: Endless Affair (MNRK / Proper-Bertus)


Weitere Infos: http://www.ailbhereddy.com/

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