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THE BESNARD LAKES

Eine Reise zum Mittelpunkt der Erde

THE BESNARD LAKES

The Besnard Lakes holen zum großen Schlag aus: Auf ihrem neuen Doppel-Album ´The Besnard Lakes Are The Last Of The Great Thunderstorm Warnings´ heben die kanadischen Psych-Rock-Helden ab in die Stratosphäre und lassen die androgyn-verträumten Gesangsparts des Bandgründer-Ehepaars Jace Lasek und Olga Goreas mit zügellosem Breitwand-Rock verschmelzen, für den Pink Floyds ´Dark Side Of The Moon´ und Spiritualizeds ´Lazer Guided Melodies´ Pate standen.

Seit mehr als zwei Jahrzehnte gibt es The Besnard Lakes nun schon, doch von Jobmüdigkeit ist bei dem inzwischen in Montreal heimischen Quintett keine Spur – und Jace Lasek weiß auch, warum.

„Als Oggy und ich 1999/2000 in Vancouver mit der Band anfingen, haben wir einen Pakt fürs Leben geschlossen“, verrät der hünenhafte Gitarrist und Sänger im Gespräch mit der Westzeit. „Wir wussten beide, dass wir Musik lieben und unser ganzes Leben nichts anderes machen wollten. Wir waren fest entschlossen, alles dafür zu tun."

Die andere wichtige Motivationsspritze für Lasek ist die Tätigkeit in den von ihm mitbetriebenen Breakglass Studios, wo er für viele – inzwischen oft sehr junge – Bands Platten produziert und abmischt.

„Den Feuereifer zu sehen, mit dem diese Bands an die Arbeit gehen, empfinde ich als sehr inspirierend, zumal ich so auch ständig neue Sachen höre“, gesteht er. „In gewisser Weise kann ich so längst vergangen geglaubte Gefühle durch andere Musiker immer wieder neu erleben. Das hält mich in Schwung!“

Tatsächlich klingt das neue Album der Besnard Lakes nicht wie die Platte von Musikern in den besten Jahren. Die Band ging die Platte jenseits aller Zwänge der Musikindustrie an – und genoss die neu gewonnene Freiheit in vollen Zügen. Ohne Druck eines Labels und ohne feste Deadline für die Fertigstellung eines Albums hatten Lasek, Goreas und ihre Mitstreiter Kevin Laing, Sheenah Ko und Robbie MacArthur nun erstmals Zeit und Gelegenheit, all die ambitionierten Ideen, die schon seit Jahren in ihren Köpfen herumschwirrten, in akribischer Detailarbeit endlich einmal Realität werden zu lassen. Mit dem resultierenden Mammutwerk setzen sie zudem einen Kontrapunkt zum ungewohnt kompakten Vorgängeralbum ´A Coliseum Complex Museum´ aus dem Jahre 2016.

„Unsere Platten waren für uns immer Herzensangelegenheiten, aber die letzte war gewissermaßen unser Versuch, der kommerziellen Musik die Hand zu reichen“, gibt Lasek zu. „Herauszufinden, ob wir dazu in der Lage sind, war eine Fingerübung, die uns tatsächlich viel Freude gemacht hat, aber dieses Mal gibt es voll und ganz The Besnard Lakes!“

Ungeniert widmeten sich die Kanadier auf der neuen LP ausufernd langen Songs, endlos erscheinenden Drone-Passagen und machten auch sonst keine Kompromisse, bis am Ende ein spürbar raueres Konzept-Doppelalbum von epischem Ausmaß entstanden war.

„Auf dem Album gibt es zum ersten Mal eine Reihe Songs, die mir sehr nahegehen“, sagt Lasek. „Beim Abmischen der Platte schossen mir manchmal Tränen in die Augen. Das ist mir zuvor nie passiert!“

Dass die Songs solche Gefühle in Lasek auslösen, liegt nicht zuletzt am Inhalt. Nicht umsonst wurde das Album bereits als „72-minute suite about the darkness of dying and the light on the other side“ beschrieben. Erstmals konzentrierte sich die Band auf betont persönlich gefärbte Texte mit zumeist tragischem Ursprung. Der Tod von Laseks Vater 2019 ist genauso Thema wie das Ableben von Prince und Mark Hollis von Talk Talk – beides große Idole der Besnard Lakes.

„Ich denke, was dieses Album besonders macht, ist die Tatsache, dass wir keine klare Vorstellung davon hatten, wovon die Texte handeln sollten“, sagt Lasek. „Manchmal setzte ich mich hin und merkte, dass ich mir etwas von der Seele zu schreiben hatte. So entstanden die vom Tod meines Vaters geprägten Songs und die Hommage an Prince. Ohne zu wissen, woran ich gerade arbeitete, schrieb Oggy dann ein Lied über den Tod von Mark Hollis und wie sie das beeinflusst hat. Erst als wir all die Puzzleteile des Albums zusammenfügten, wurde uns bewusst, wie viel sich in den Liedern um Tod, Jenseits und Existenzialismus dreht, ohne dass wir darauf konkret abgezielt hätten.“

Er hält kurz inne. „Man könnte auch sagen, die Platte nimmt dich mit auf eine Reise zum Mittelpunkt der Erde und zurück.“

Aktuelles Album: The Besnard Lakes Are The Last Of the Great Thunderstorm Warnings (Full Time Hobby/Rough Trade)


Weitere Infos: › www.thebesnardlakes.com Foto: Joseph Yarmush

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