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OHMME

Girls to the Front

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In der nach wie vor reichhaltigen Musikszene von Chicago fanden Sima Cunningham und Macie Stewart schon relativ früh – auf der Highschool nämlich – zueinander. Deswegen war es nur eigentlich folgerichtig, dass sie 2014 das Duo-Projekt Ohmme lostraten – nachdem zuvor beide eine klassische musikalische Ausbildung genossen hatten und ihren Weg als Musikerinnen in diversen Projekten bereits weitestgehend definiert hatten.

Mit dem Projekt Ohmme widmeten sich die studierten Pianistinnen Sima und Macie der Erforschung der Möglichkeiten, die sich durch die atypische Verwendung elektrischer Gitarren im Rock-Kontext ergeben könnten. Dieses Konzept verwirklichten sie mit dem 2018er Debüt-Album „Parts“ eindrucksvoll als schlüssige Vision, die sie nun auf dem zweiten Album „Fantasize Your Ghost“ mit allerlei neuen Facetten versehen. Unter anderem indem sie das neue Werk (mit Unterstützung ihres Live-Drummers Matt Carroll) deutlicher als Band-Album positionierten. 
Der Name des Projektes Ohmme rührt ja daher, dass sich das Duo zunächst „Homme“ (also „Mann“ auf Französisch) nennen wollte – wohl auch um sich an all den Jungens-Bands zu rächen, die sich einen Mädchennamen geben. Diesen Namen mussten sie dann aber aus Copyright-Gründen lautmalerisch abwandeln. Interessanterweise stammen die musikalischen Referenzen, auf die sich die Musik von Ohmme beziehen könnte, bis heute allesamt von Männlich besetzten Bands wie Gang Of Four, Wire oder sogar King Crimson. Ist das etwas, was sich im Ansatz von Ohmme niederschlägt?

„Definitiv nicht“, wehrt Macie Stewart ab, die aufgrund der Corona-Situation, durch die sie von Sima Cunningham getrennt in Quarantäne sitzt, alleine Auskunft geben muss, „wir mögen Gang Of Four und Wire und mein Vater war ein großer King Crimson-Fan – aber wir wollen nicht so klingen, wie diese Bands. Wir spielen einfach so, wie wir uns fühlen. Natürlich sind wir zwei Frauen, die Gitarre spielen und das war normalerweise ja lange Zeit eine Männerdomäne. Wir wollen uns aber als Frauen darstellen und als gleichwertig beweisen. Wenn Du mich fragst, dann dominieren die Frauen zur Zeit ja sogar die Gitarrenmusik – was ja ziemlich cool ist.“

Was hat es denn mit dem im Titel des Albums besungenen Geist auf sich?

„Das Konzept des Geistes ist ziemlich weit gefasst“, gesteht Macie, „das Thema des Albums ist die Veränderung. Im Laufe der letzten Jahre unseres Lebens, unserer Band und der ganzen Welt hat sich doch viel verändert. Das beste Beispiel ist ja unsere gegenwärtige Situation, in der wir in unseren Häusern festsitzen und nichts dagegen tun können. Als ich die angesprochen Veränderungen durchlebte, realisierte ich, dass ich eigentlich alles tun und lassen könnte und auch sein könnte, wer ich wollte. 'Fantasize Your Ghost' ist dabei eine Art Zukunftsphantasie, in der ich als Geist auf mein Leben und all die Versionen meiner Selbst zurück blicke, die leben oder sterben könnten und mir vorstelle, welche Richtungen mein Leben alle hätte nehmen können.“

Hat Sima denn auch Songs über das Thema geschrieben?

„Ja – zum Beispiel 'Selling Candy'“, bestätigt Macie, „der Song handelt von ihrer Jugend in Chicago und kleine Details an die sie sich erinnert. Es geht dabei allerdings eher um das Zurück-Blicken in nostalgischer Hinsicht.“

Sima und Macie schreiben ihre Songs im Kern selbst – aber auf diesem Album sollte es stärker um die Zusammenarbeit gehen, richtig?

„Ja, wir wollten uns dazu eine Flucht gönnen“, bestätigt Macie, „und haben uns für eine Auszeit nach Wisconsin aufs Land zurückgezogen und dort in einer Farm – zusammen mit unserem Tontechniker Dorian Gehring und unserem Co-Produzenten Chris Cohen, die uns sehr dabei geholfen haben - ein mobiles Studio eingerichtet. Wir wollten auf diese Weise dann mal sehen, wohin uns die Songs führen würden.“

Sima und insbesondere Macie und Matt Carroll sind in der Improvisations-Szene von Chicago engagiert. Die Ohmme-Songs entstehen aber eher konventionell, oder?

„Ja, wir haben die Texte im Studio auf der akustischen Gitarre entwickelt – aber hauptsächlich ging es uns darum, unsere Ideen mit der ganzen Band in Form von Demos zu realisieren. Es gab dann auch ein paar Jam-Sessions – aber hauptsächlich ging es darum, strukturelle Ideen auszuarbeiten und darüber nachzudenken, wie wir mit Overdubs und Vokal-Arrangements arbeiten könnten.“

Dadurch wurde der Sound im Gegensatz zur zuweilen spröden Debüt-LP deutlich fülliger – und dank der Betonung der harmonischen und melodiösen Aspekte – auch wesentlich zugänglicher. Am liebsten hätten Ohmme diese Möglichkeiten gleich im Anschluss auf einer bereits geplanten Tour mit Waxahatchee weiter ausgelotet – aber wie wir alle wissen, wird daraus erst mal nichts.


Aktuelles Album: Fantasize Your Ghost (Joyful Noise / Cargo) VÖ: 05.06.

Foto: Ash Dye

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