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AWOLNATION

Herz und Härte

AWOLNATION

Zwei Herzen schlagen wohl in de Brust von Awolnation oder besser in der von Aaron Bruno – ein gefühliges und ein hartes. Diesmal hat das härtere ein wenig lauter geschlagen. Awolnation-Kopf Aaron Bruno lässt es sich nicht nehmen, das neue Album ´Run´ mit einem Kommentar auf die Reise zu schicken. „Ich bin ja total begeistert von Kinderlieder-Melodiebögen“, bekennt der Musiker, „doch das Album ‚Run’ sollte roher klingen, manchmal sogar aggressiv und damit auch ein wenig verstören.“

Wärmende Strahlen der Melodiesonne

Dieser Anspruch wird mit dem Eröffnungsstück ´Run´ dann auch sofort eingelöst. Das Lied ist Programm – da ziehen bedrohlich dunkle Gewitterwolken auf, aber es folgen kein Blitz und auch kein Donner. Dafür aber wärmende Strahlen der Melodiesonne. Doch im gleichen Moment tut sich der Boden auf und die Füße stecken in glühender Lava. Doch bevor sie es merken, regnet es Eiswürfel vom Himmel.

„Das Eröffnungsstück schrieb sich wie von selbst“, erklärt Aaron Bruno, „es hat die Richtung für das Album vorgegeben. In ihm tobt bereits der Herzschlag der gesamten Platte. Nachdem dieser Herzschlag den Takt vorgibt, sind alle weiteren Zutaten ganz bewusst so gesetzt worden, wie zu hören sind. Nichts ist dabei zufällig!“

Doch das nichts zufällig ist, ist bei Awolnation so ganz zufällig dann doch nicht. Dies geschieht auf dem Hintergrund, dass

Aaron Brunos Kopf permanent musikalische Ideen produziert.

„Dabei spielt es gar keine Rolle, wo ich gerade bin“, erklärt der Musiker, „selbst, wenn ich meiner Surfleidenschaft nachgehe, komme ich mit Klangideen aus dem Wasser zurück. Und diese sortieren sich dann, wie von selber. Die, die am stärksten drängen, die werden dann zu Stücken.“

Was man noch wissen muss, um ein die deutlich härtere Gangart erklären zu können, ist die Tatsache, dass Awolnation während der letzten, vierjährigen Tour immer lauter und härter wurden.

„Ich kam mir dabei manchmal vor, wie ein Punkrockkind, dass gerade die musikalische Härte entdeckt“, blickt Aaron Bruno auf das Livegeschehen zurück, „wir haben sogar Rage Against The Machine-Coverversionen gespielt. Und je härter wir wurden, desto mehr ist das Publikum ausgeflippt. Und so konnte es nicht ausbleiben, dass die brachialen Riffs letztlich auch das Albummaterial infizierten.“



Geschicktes Spiel

mit Genres

Awolnation landet 2013 mit dem mächtigen ´Sail´, das gerade wieder in der Werbung eines Telekommunikationsanbieters Furore macht, einen weltweiten Erfolg, der mit Sechsfach-Platin veredelt wird, während das Debüt-Album ´Megalithic Symphony´ Gold erhält. Das Spannende an ´Run´, dem Nachfolgealbum ist, dass Aaron Bruno die Klangarchitektensozietät verlassen hat und alles alleine geschrieben, gespielt, produziert, aufgenommen und gemischt hat.

„Ich habe mich dazu ins kalifornische, hügelige Hinterland von Malibu zurückgezogen“ lässt er verlauten, „und badete förmlich in dem Privileg, niemanden um seine Meinung fragen zu müssen. Was auf dem Album zu hören ist, das bin zu hundert Prozent ich. Wenn man bei der Arbeit merkt, dass sie und der Spaß dabei sich auf der gleichen Ebene einpendeln, dann weiß man es wird gut.“

Es ist gut geworden. Richtig gut sogar. Schließlich ist es besser, zwei musikalische Herzen schlagen mit Leidenschaft in der Brust, als eins mit Herzrhythmusstörungen. Und der allseits bekannte Fluch des zweiten Albums, der hat Awolnation auch nicht erreicht.

„Wenn ich kreative Erwartungen habe, dann nicht an den zu erwartenden Erfolg eines Album, wohl aber an mich selber und meine kreative Leistung. Diesbezüglich habe ich sogar enorm hohe Erwartungen“, darauf verweist Aaron Bruno, „ich will nur eins, immer das bestmögliche und großartigste Album machen. Eins, das später als Klassiker angesehen wird. Mein Ziel ist es, ein künstlerisch wertvolles Album vorzulegen, das Menschen bewegt.“

Was das Album ´Run´ ebenfalls kennzeichnet ist, dass es nach und nach wirkt. Aus dem einfachen Grund, weil der Hörer mehr und mehr entziffern kann, je öfter er sich der Platte widmet.

„Ich bin mir sicher, die Hörer wollen leidenschaftlicher im Ausdruck und auch versteckte Vielfalt. Sie mögen Gefährliches in der Musik und wollen eine musikalische Erfahrung machen, die sich ihnen nach und nach erschließt“, sagt der kalifornische Musiker, „ich will die Musik lieben, die ich spiele und dieses Album soll eine Platte sein, die mir auch als Zuhörer gefallen soll. Und das ist mir gelungen.“

Was Aaron Bruno einfach in Formvollendung beherrscht, ist das geschickte Spiel mit den Genres.

„Es gibt eigentlich kein Genre, das ich nicht hören und erforschen würde - egal, ob das Country, Jazz oder Dubstep ist“, fügt Aaron Bruno an. Das Album ist eine absolute Wundertüte. Mal kommen seine Stücke höchst dramatisch aufgeladen daher und mal schlurft der Rhythmus eher beiläufig umher. Mal lärmen die Gitarren und werden dann von einem ruhigeren Piano zurückgepfiffen. Dann ist total zarter Gesang zu hören, anschließend plötzlich Geschrei. Und dann hat Aaron Bruno noch in jedem Lied kleine Süchtigmacher versteckt. Mit jedem Hören wird man weiter und weiter ins Stück hineingezogen. Tiefer und tiefer. Ganz drinnen wird man mit Energie aufgeladen und dann auf dem Tanzboden wieder ausgespien. Und los geht das wilde Gezappel. Warum hat man immer nur das Gefühl, dass Aaron Bruno amüsiert zuschaut?

Aktuelles Album: Run (Red Bull Records / Sony)

Foto: Kari Rowe

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