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TARNGO

Ganz normale Schräge

TARNGO

Im niederrheinischen Drum’n’Bass-Internat ist wohl etwas schief gelaufen: Zwei Brüder im Geiste sind von der Norm abgewichen und haben die Dimension dessen, was mit Schlagzeug und Bass möglich ist, vollends umgekrempelt. Fakt ist: Tarngo ist anders, roh und im besten Sinne unerhört. Willkommen im Reich der „Zombi Nova“!

Jörg A. Schneider kennt man vielleicht schon. Trommelt(e) für Les Hommes Qui Wear Espandrillos, Sun, Fischessen, Gaffa und Nicoffeine. Scharco bedient bei Tarngo den Tieftöner und hat neben Tarngo noch gefühlte 23 andere Projekte, die mit derselben Hingabe gesegnet sind. Tarngo ist Scharco und Schneider, Bass und Schlagzeug – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und dennoch außerhalb der Norm.

„In Deutschland sind wir mit Sicherheit als „nicht normal“ einzuordnen, woanders sieht das schon ganz anders aus.“, verrät Scharco. Zum Beispiel in den U.S.A., wo das Duo perfekten Start-Up eine zweiwöchige Tour hinlegte. Und das Außergewöhnliche traf auf das Extraordinäre: Ob Fernseher jonglierender Hillbilly, Gummiband-Mund-Musikant oder tauber Frequenzmörder – jenseits des Ozeans erhält jeder sein Forum.

„Da waren wir mitunter noch die normalste Rock-band am Abend, wogegen wir hierzulande sofort als schräg abgestempelt werden.“

Ein Beweis für die eingeengte Denkweise der gemeinen Musikindustrie? Vielleicht. Ist Tarngo, lediglich bestehend aus der Basis, dem Grundgerüst einer normalen Rockband, denn eher als Evolution oder Revolution zu sehen?

„Der Ursprung von Tarngo war eine einfache Session, vor der Jörg allerdings sehr skeptisch war.“, verrät Scharco. „Ich hörte eine Zeit lang viel Red Snapper und war vom Gedanken besessen, mal wieder Bass zu spielen. Beim ersten Test im Proberaum entstanden dann gleich 3 oder 4 Tracks und es wurde immer mehr daraus.“ Zwischenzeitlich trug man sich auch mit dem Gedanken, einen Vokalisten anzuheuern...

„Wobei ich heute froh bin, dass es nie soweit gekommen ist, weil ich jetzt weiß, dass da kein Gesang passt. Tarngo ist schon voll, die ganze Power die Jörg und ich erzeugen – da darf nichts zwischen stehen!“

Stichwort: Power. Jörg A. Schneider, gemeinhin als überzeugt kompromissloser Drummer im oberen Dynamikbereich und Liebhaber des Ohrenbetäubenden bekannt, berichtet vom Kraftausdruck der Band:

„Anfangs hatte ich nicht das Gefühl, dass wir eine vollwertige Band sind, die auch so wahrgenommen wird. Aber jetzt, nach den vielen Shows der Amerika-Tour, nach der Verdopplung unserer Lautstärke haben wir das erreicht, das es sein sollte: Inferno!“

„Es hat sich viel getan“, ergänzt Scharco. „Die ersten Auftritte waren sehr verhalten, doch jetzt werden die Shows von der puren „aufdrehen & abfahren“-Energie getragen. Dieses Fundament bröckelt nie.“

Dies fällt besonders in Passagen auf, in denen der Bass fast als zweites Schlagzeug fungiert und mehr Beat als Ton produziert.

„Generell basiert vieles eher auf Rhythmik als auf Melodie, wobei sich das alles aus dem Spielen ergibt. Alle Tarngo-Songs entstammen ausschließlich Sessions. Klar haben wir im Studio ein paar Overdubs aufgenommen, die machen wir live aber mit Lautstärke und intensiver Performance vergessen.“

So verwundert es kaum, dass auf der letzten Tour noch ein zusätzlicher Bassverstärker eingekauft wurde, dass Schneider ebenfalls über eine Verstärkungs-Lösung nachdenkt und keine Limitierung ansteht. Das zweite Album ist quasi schon im Kasten, das dritte komponiert, der Tatendrang ungebrochen. Nur der Wunsch nach etwas mehr Forum in der Heimat statt elender Pay2Play-Attitüde in deutschen Clubs ist noch nicht erfüllt worden.

„Ansonsten touren wir halt demnächst in Japan!“ Warum nicht. „Mit Blind Guardian, die sind auch deutsch.“

Eben. Passt schon. Irgendwie.

Aktuelles Album: Enorm (Ear Elastic / blu Noise / Alive)




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