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GHOST OF TOM JOAD

This Is What We Call Aufbruchstimmung

GHOST OF TOM JOAD

Wenn sich eine deutsche Band nach einem Bruce Springsteen-Song und ihr Debüt „No Sleep Until Ostkreuz“ benennt, wirft das Fragen auf: Warum Ghost Of Tom Joad? Warum mit einer Berliner S-Bahn-Station titeln, aus dem Dorf Aschersberge kommen und so energisch nach England klingen, ohne die eigene Identität zu verlieren?

Gute Fragen. Und blöde auch. Weils doch um die Musik gehen soll. Ghost Of Tom Joad wollen smarte Antworten geben. Antworten auf die alltäglichen Fragen aus dem Leben und Alltag von drei Wahlmünsteranern, die dem Hauptstadt-Hype bisher nicht erlegen sind. Sie schauen gerne in Berlin vorbei, „Freunde besuchen und Rauskommen“. Aber sie täten auch daran, es dabei zu belassen. Weil diese Landei-Mentalität ihre Geschichten vom Umherreisen und –irren erst so glaubwürdig macht.

Zur im letzten Sommer erschienenen EP „Is This What You Call A Fronterlebnis?“ hieß es seitens der Band: „genau jetzt“. Genau jetzt Stattfinden. Genau jetzt, also „nicht neo, nicht post“, klingen. Bis zum Stattfinden war es ein kurzer Weg, so schicksalsbeschlagen wie unspektakulär. Die Initialzündung zur Bandgründung von Ghost Of Tom Joad war eine gleichnamige, alle drei späteren Mitglieder so packende Bruce-Springsteen-Coverversion von José Gonzalez. Gehört vor einem Logh-Konzert. Als Sänger Henrik einen Tag später die Freundin fremdschlief und er seitdem weiß, was in flagranti heißt, galt es endgültig als besiegelt: eine Band musste her. Eine neue Liebe. Und genau diese Band klingt jetzt, schlappe zwei Jahre später, auf ihrem mehr als respektablen Debüt „No Sleep Until Ostkreuz“ viel leichtfüßiger als ihre Entstehungsgeschichte.

„Das schönste Kompliment“, gibt Henrik unumwunden zu, „hat mir mal ein Mädchen nach einer Show gemacht. Sie sagte: ‚so wie Du Deine Gitarre spielst, hast Du bestimmt persönliche Probleme.’ Ohne Scheiß, so soll unsere Band rüberkommen!“

„Genau jetzt“ rüberkommen, „nicht neo, nicht post“: Wie also eine Musik erklären, die so schön auf die Formel „Postpunk meets New Wave meets Porta Westfalica“ runterzubrechen wäre? Schon wären wir nämlich drin, im „Unterwegs“-Topos von Ghost Of Tom Joad. Mit Songtiteln wie eben „Unterwegs“, „Porta Westfalica“ oder „Köln – Brüssel – Paris“ stecken Henrik Roger, Jens Mehring und Christoph Schneider, zwei Studenten und ein frischgebackener Lehrer, ihre Route und ihr Spektrum selbst ab. „Why not why not why not yeah“ fragen oder deklarieren sie im Bloc Party-Intro und nehmen gleich all denen den Wind aus den Segeln, die ihnen eine große Affinität zum Brit-Rock nachsagen wollen, nur um als „Renegades Of Love“ in dieselben Segel gehörig reinzublasen. Insgesamt 13 mindestens bezirzende Indierock-Hummeln haben Ghost Of Tom Joad, bekennende Fans von Hot Water Music und eben Logh, da also losgelassen. „Unsere Musik ist wie von The Police, nur mit weniger Reggae“, definiert Christoph selbst die Band, die sich dennoch nirgends aufdrängt. Es kann sich bei der damaligen Aussage über die Neo- und Post-Schimpfwörter also nur um einen subtil verpackten Lockruf gehandelt haben, um eine Einladung, bitte einmal genauer hinzuhören. Und es lohnt sich.

Very british poltern Ghost Of Tom Joad dann immer noch durchs Musikgeschichten-Museum, aber das auf erfrischend uneingestaubte Art und Weise. Punk war schon da, andere Wellen kommen und gehen, Pop wird immer bleiben und GOTJ bewegen sich unbeeindruckt von all dem durchs Rheinland und die Radiolandschaft. Die haben sie schon geentert, die kleinen Bühnen dieser Republik sowieso. Demnächst sind die größeren dran, zeitgleich wären konsequenterweise die Tanzflächen an der Reihe. Das dürfte diesen Frühling nicht allzu schwer werden. Im Rücken haben sie auf ihrer Mission Muff Potter-Gitarrist Dennis Scheider, der eigens für seine MySpace-Entdeckung sein Label Richard Mohlmann Records – das mit dem Kartoffelnasenlogo - reanimiert hat und sich als Produzent und Manager um seine Zöglinge kümmert wie eine junge Mutter. Wahre Liebe gibt es eben doch nur unter Männern.

Aktuelles Album: No Sleep Until Ostkreuz (Mohlmann Records)


Weitere Infos: http://www.ghostoftomjoad.de/

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