MORITZ ANTHES

(Umland Records)

Anthes spielt seine Posaune meist bei der famosen Free-Big-Band The Dorf oder im intimen Zusammenspiel mit geistesverwandten Improvisateuren, hier aber auch mal ganz und gar alleine. Im November 2020 ließ er dazu von sound-engineer Pascal Gehrke insgesamt 8 Mikrophone im "Maschinenhaus" der Essener Zeche Carl aufbauen - glaubt man dem Info in "zum Teil experimenteller Positionierung". Liest sich spannend und klingt auch so. Nach der zunächst etwas akademisch wirkenden TonÜbung "Tans" steigert sich Anthes über reine AtemGeräusche zu einer von der wundersamen Physik der in einem Messingrohr schwingenden Luftsäule induzierten Freien Schönheit, die an manchen Stellen (z.B. bei "Flatt") nicht mehr weit von elektronisch erzeugter LärmKunst entfernt scheint. Dabei ist alles unplugged: "Reverb provided by the room. No overdubs." steht denn auch auf der (von The Dorf-Kollege Achim Zepezauer mit Bildern krakenköpfiger Barock-Gesellschaften wunderschön gestalteten) CD-Hülle, am Ende von "Ate" mogelt sich sogar ein vorbeifahrendes Sirenenauto ins KlangBild. Soweit also schon mal ganz und gar wunderbare, anstrengende Unterhaltung, Umland-Qualität eben. Aber dann kommen nach den 7 SoloTracks nochmal genauso viele Remixe. Diese steuerten neben den The Dorf-Bewohnern Kai Niggemann, Julia Brüssel und Zepezauer auch einige weniger prominente, aber deswegen keineswegs schwächere ElektronikerZauberer bei (die Namen Florian Zwissler, Rasmus Nordholt-Frieling, Malte Hermsen und Korhan Erhel müssen wir uns unbedingt merken). Und das bringt nochmal eine ganz andere Seite des Materials zum Leuchten: da zwitschern nicht nur Vögel, sondern auch vervielfachte PosaunenSpuren; KlangLinien wickeln sich umeinander und verflechten sich, werden zu orgelhaften Sounds gedehnt oder winzigen Schnipseln zerhackt, bilden hier selbstähnliche Fraktale und verhallen dort in Weißem Rauschen. Wirklich grandios. Anstrengend, aber grandios. 5
Weitere Infos: › www.umlandrecords.de

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