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JAZZJANZKURZ

V.A.

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Der Mai kommt, zwar etwas zögerlich mit Nachtfrösten Ende April, aber eben doch. Und mit ihm weht eine Menge eher traditionsbewusster, wenngleich mehrheitlich durchaus empfehlenswerter neuer JazzPlatten auf meinen Tisch.
Die große Nina Simone wurde 1968 von einem Journalisten um ihre Definition von Freiheit gebeten und hat daraufhin wohl folgendes geantwortet: "I will tell you what freedom is to me: No fear. I mean really no fear." Aus diesem schönen Satz hat Sebastian Gramss die Titelnamen für die Stücke der neuen CD seines sax-p-b-Trios SLOWFOX generiert – von 1 "I" bis 13 "Fear!". Die Songs 14 und 15 heißen dann konsequenter Weise "Nina" und "Simone". Lustich (und "ja", ich weiß, dass er das Prinzip auch schon bei den ersten beiden Slowfox-CDs angewandt hat). Dieser sensible KammerJazz ist freundlich, ohne beliebig zu sein. Und auch wenn die Stücke auf "Freedom" selten die 4-Minuten-Grenze reißen, sind sie trotz dieser relativen Kürze erstaunlich komplex. 4
Auch das andere, ebenso stilsichere und beachtenswerte Projekt des rastlosen Bassisten legt seine dritte CD vor. "Subsonic" (beide rent-a-dog) heißt das Werk von SEBASTIAN GRAMSS’ STATES OF PLAY und ich finde es beinahe noch überzeugender. Was nicht zuletzt an der Fülle von KlangTexturen liegt: ein feines Posaunen-Solo hier, dort eine unvergessliche Moog-Figur und über bzw. unter all dem der farbenreiche Bass des Chefs. Zumeist zugänglich, bei Stücken wie "H plus X" auch von einer getragenen Experimentierfreudigkeit geprägt und an anderer Stelle schon fast rockig ("Leader Of The Free World" – eine vibrierende Melange aus PostRockDynamik und JazzTrompeten zu treibender drums-bass-Rhythmik und mit Gesang von Posaunistin Shannon Barrett!), ist diese Platte an keiner Stelle langweilig. 5
Ein anderer Bass-spielender Bandleader ist ANDRÉ NENDZA, der für "On Canvas" mit Angelika Niescier eine der großen deutschen Sax-Stimmen an Bord holte. Gemeinsam mit dem Flügelhorn von Matthias Bergmann passt sie sich bestens in das stabile p-b-dr-Fundament ein – schon wieder gelungener old-school-Jazz! 4
Nendza begleitet auch CHRISTIAN PABST auf dessen Reise nach "Balbec" (beide JazzSick). Zwischen fingerfertiger Virtuosität und zarter Lyrik zeigt Pabst auf, was auch mit konventionellen Mitteln auf einem Klavier möglich ist. Gerade die verträumte "Snake" verschlingt sich wundervoll in einer sehr schicken Rhythmik von drummer Erik Kooger. Wie "On Canvas" wurde auch "Balbec" übrigens quasi live im leeren "Loft" zu Köln aufgenommen. Die Pandemie...! 4
Die israelische Sängerin NOA weiß mit Gil Dor schon seit vielen Jahren einen großen Gitarristen an ihrer Seite, oft gingen seine Künste in (zu) großen Arrangements unter. Für "Afterallogy", ihre Ausdeutung einiger Meisterwerke aus dem kanonischen "American Songbook", vertraut sie nun allein auf ihre Stimme und Gils SaitenKunst. Auch einige im Stil dieser Standards selbst geschriebene Stücke (eines davon entstand gemeinsam mit ihrem Mentor Pat Metheny) kommen zu Gehör. Gelungen reduziert. 4
Der Bassist AVIAHAI COHEN überreicht uns mit großer, wahrhaft orchestraler (die CD entstand mit dem Gothenburg Symphony Orchestra) und dabei auch etwas arg schmalziger Geste "Two Roses" (beide Naive). Später wird’s mit etwas LaventeFlair auch mal dezent exotisch, aber im Großen und Ganzen herrscht hier Streicherseligkeit und gefühliger Schönklang. 3
Wenn das GODEMANN BAUDER DUO in die Saiten von Gitarre bzw. Kontrabass greift, bleibt es poetisch und melodisch. "Beautiful Mind" (STF) ist elegant historisch, erhabener Schönheit verpflichtet und trotz des reduzierten Instrumentenparks sehr facettenreich und klangfarbenbunt. 4
Der belgische Gitarrist JULIEN TASSIN mag es auch entspannt, wobei sein "Moondancer" (Igloo) sowohl improvisierte JazzElemente wie auch beinahe klassische Rockstrukturen kennt. "Für Fans von Marc Ribot oder Bill Frisell", meint das Info zu dieser git-b-dr-Platte. Stimmt. 4
Noch freundlicher ist das Trio FIRASSO, dessen "Tales" (GLM) mit Klezmer genauso spielen wie mit Tango oder BalkanTraditionen. Mit Klarinette, Bass und Akkordeon verbreiten die drei auf ihrem Debut 50 Minuten lang gutmütig gute Laune. Warum auch nicht? 4
Am 1. Januar 2020 feierte ACK VAN ROOYEN seinen 90. Geburtstag und das ist ein guter Grund, Bilanz zu ziehen. "90" ist kreuzbraver MainstreamJazz vom niederländischen Flügelhorn-Spezialisten und (s)einem ts-g-p-b-dr-Begleit-Quintett (am Klavier saß Hubert Nuss!), aber wer sagt denn, dass kreuzbraver MainstreamJazz schlecht sein muss? 4
Der Tenorsaxophonist BOB MINTZER ist seit 5 Jahren Chef der WDR BIG BAND und präsentiert jetzt stolz 10 "Soundscapes" (beide Jazzline). Auch hier regiert traditionelle Qualität statt experimenteller Innovation, aber unterhaltsam ist die Platte allemal. Bei Stücken wie dem eher zurückhaltenden "Whack" zeigen sich die Feinheiten des Arrangements dann umso deutlicher. 4
Etwas wagemutiger ist "Berlin Live" (BOS). Als die STEPHAN-MAX WIRTH EXPERIENCE am 7.3.20 im Berliner Schlot-Club ein 1-stündiges set spielte, wusste noch keiner, dass die Jungs da zum vorerst letzten Mal auf einer Bühne stehen durften. Zur Melodieführung durch Wirths Saxophon begeistert hier ein hochsensibles Miteinander der g-b-dr-Begleitung. Das elegische "Winter in Paris" ist dabei mit seinen dezenten, aber bestimmten Rhythmuswechseln besonders raffiniert. 4
Einer "modern mainstream tradition" verpflichtet sieht sich das von der Bassistin Ellen Brekken geleitete sax-p-b-dr-Quartett mit dem schönen Namen A TONIC FOR THE TROOPS und doch leisten sich die Norweger (Espen Berg am Piano) auf "Ambush" (Odin) einige Freiheiten. Energisch und energievoll. 4
ALBERTO BRAIDA (p) und GIANCARLO NINO LOCATELLI (cl) spielen schon seit 25 Jahren miteinander, wobei ihnen auf "From here to there" zwischen all den frei fallenden MelodieLinien manchmal etwas Orientierung fehlt. 3
Da ist das freie Spiel mit den Klängen, das ihre Labelkollegen vom sax-b-dr-Trio KORR auf "Tombé de la voûte" (beide We Insist!) zelebrieren, bei aller Exaltiertheit deutlich stringenter. SaitenSchaben, TrichterTröten und BeckenBimmeln in schön zerknüllter ImproEintracht. 4
Mit freiem Spiel kennt sich der ViolinAvantgardist JON ROSE schon seit vielen Jahren aus, sein Slawterhaus-Projekt mit Johannes Bauer, Dietmar Diesner und Peter Hollinger halte ich nach wie vor für eine sträflich unterbewertete Großtat der 90er! Auf CD1 des Doppeldeckers "State Of Play" (ReR Megacorp) präsentiert der Meister 19 "duo improvisations", u.a. mit dem grandiosen Bassisten Clayton Thomas oder der Nyckelharpa-Spielerin Freya Schack-Arnott. Die begleitet Rose übrigens auf dem von Col Fuhler erfundenen Keyolin. Wie überhaupt die oft selbst gebauten Instrumente ein eigenes Buch wert wären. Das dicke und fotoreiche booklet ist da ein kleiner Trost, denn es zeigt u.a. Bilder von einigen der auf CD2 ("a selection from recent projects") erklingenden Installationen aus auf teils obskurste Art eingesetzten Klangerzeugern. 154 Minuten kaum gezähmter Wille zur Kunst - anstrengend, aber voller Überraschungen für Leute mit offenen Ohren und Sinn für Humor. 5

Fear No Jazz
›› NCY MILKY BAND ›› FRODE HALTLI ›› RUBÉN BLADES Y ROBERTO DELGADO ORQUESTA ›› NATURAL INFORMATION SOCIETY WITH EVAN PARKER ›› THREE-LAYER CAKE ›› JULIUS EASTMAN ›› TORSTEN PAPENHEIM ›› FLOATING POINTS, PHAROAH SANDERS & LONDON SYMPHONY ORCHESTRA ›› JAZZJANZKURZ ›› ERLEND APNESETH TRIO ›› MARTIN KÄLBERER ›› JAZZJANZKURZ ›› TRONDHEIM VOICES ›› LAURENT ROCHELLE - PRIMA KANTA ›› BILL THOMPSON ›› JAZZJANZKURZ ›› ANGÈLE DAVID-GUILLOU ›› MARC SABAT/HARMONIC SPACE ORCHESTRA ›› HANNA SCHÖRKEN ›› ELĪNA GARANČA ›› SUSANNA GARTMAYER & CHRISTOF KURZMANN ›› INGA LÜHNING & ANDRÉ NENDZA ›› JAZZJANZKURZ ›› DOUG CARN, ADRIAN YOUNGE & ALI SHAHEED MUHAMMAD ›› THE STRING THEORY ›› NATACHA ATLAS ›› BLACK BURST SOUND GENERATOR ›› V.A. ›› STEPHAN THELEN - KRONOS QUARTETT/AL PARI QUARTETT ›› JAZZJANZKURZ ›› BOW ›› MERZBOW-MATS GUSTAFSSON-BALÁZS PÁNDI ›› TINGVALL TRIO


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