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QUICKSILVER

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Liebe Leserin, lieber Leser - ich möchte Euch/Sie jetzt gern "abholen" und als Multiplikator wirksam werden. Dazu beginne ich mit den besonders guten Platten dieses Monats.
Da wäre zunächst die erste Veröffentlichung eines neuen, einem Hamburger Plattenladen entwachsenen Labels: DJ Patex' wundervolle SCHOOL OF ZUVERSICHT teilt sich eine 12" mit UMHERSCHWEIFENDE PRODUZENTEN (eine Hälfte davon ist the notorious Knarf Rellöm!). "Salon der Idioten / Mobiles Telefon / Problem/Lösung"(Hanseplatte) enthält eine halbe Stunde allerfeinste Schlauheit für Tanzböden im typischen Ironische-Reflektion-Duktus der HH-ElektroPop-Intelligenzia. Darf ich noch kurz von Promo-Cover zitieren? "Sie beendet das Gespräch und lässt ihr mobiles Telefon zurück in die Hosentasche gleiten. Nun fällt ihr eine Frage wieder ein, der sie sich schon den ganzen Tag gewidmet hatte: Bin ich nun Teil oder Lösung des Problems?" 4
Auch sehr angenehm, doch auf andere Art "weird" ist "Hockey Fright"(Rhymesayers/Groove Attack) von THE UNCLUDED. Dahinter stecken Kimya Dawnson von Moldy Peaches und der Produzent/Rapper Aesop Rock. Mit "Delicate Cycle" ist ihnen der (beinahe) perfekte Song gelungen, inkl. unvergesslicher hookline, erträglichem rapping und mit James McNew (Yo La Tengo) einem prominenten Gast an den Trommeln. Sonst regiert unschuldiger Folk, wortmächtige Reime und düstere, halbelektronische LoFi-Ästhetik diese Platte, die man wohl auch in 5 Jahren noch hören kann. "Delicate Cycle" sicher auch noch in 20. Was machen eigentlich die famosen Woog Riots - die wären hier eine gute Vorband. 4
Wesentlich heftiger, aber auf sehr eigene Weise auch äußerst gelungen ist der dem Klangideal der zweiten Industrialgeneration verpflichtete BrummKreischKrach auf "Abandon"(Sacred Bones/Cargo). Dabei war die 22jährige New Yorkerin Margaret Chardiet, die sich hier als PHARMAKON verkleidet, noch gar nicht geboren, als Coil, Swans oder The Grey Wolves ihr erfrischendes Unwesen trieben. Anders als viele halbgare NoiseEpigonen weiß die Frau trotzdem genau, was sie tut - in diesem Lärm steckt Struktur und Vielfalt. 4
Auch "Alpha Heaven"(Denovali/Cargo) von AUN spielt mit der Schönheit des (etwas) Abseitigen. Die Franzosen entführen uns in eine hallende Welt aus Klavierfetzen, nervösem Pizzicato und ganz viel Syntheffekten. Gelegentlich weht die Stimme von Julie Leblanc durch diese Fata Morgana, zumeist darf man sich aber ganz der meditativen Versenkung hingeben. Ein bisschen wie This Mortal Coil im Lustmord-Remix.4
Womit (k)ein Übergang zu JEFF GREINKEs "Scenes From A Train"(Infectious/PIAS/RTD) gefunden wäre. Schon seit 30 Jahren in Sachen Ambient unterwegs (darunter famose Alben als "Land" und eine spannende Split-CD mit Art Zoyd und J.A.Deane), poliert er hier an Bläsern, Streichern und Kontrabässen so lange herum, bis diese genauso glänzen wie die begleitende Elektronik, ohne der Versuchung bloßen Schönklangs oder belangloser Esoterik zu erliegen. Vor 10 Jahren hätte sowas gut auf Roger Richards wohl leider verblichenem Label Extreme erscheinen können. 4
Selbst der elektronische Russe COH gibt sich ganz unschuldig-freundlich. "Retro-2038"(Editions Mego) spielt mit lustig-schlichten Synthmelodien, gar nicht oder nur zart verzerrt und von nett pulsenden Rhytmusstrukturen durchsetzt. Vor 30 Jahren hätte sowas gut auf Günther Körbers Label Sky erscheinen können. 3
Und wäre jemand so freundlich, Mike Paradinas mal COH vorzuspielen? Er könnte davon lernen, denn was er gerade als μ-ZIQ veröffentlicht, ist nur nett, aber ohne greifbaren Neuigkeitswert. "Chewed Corners"(Planet Mu/Cargo) bietet moderne Elektroniksounds, dezente breakbeats und schickes sounddesign, baut aber keinerlei Spannung auf. Vor 20 Jahren hätte das (nur ganz anders) auf jedem beliebigen Poplabel erscheinen können. 2
Da ist der düster glimmende, manchmal auch gefährlich rumpelnde ElektroFalsettoAntiPop von BATHS interessanter. "Obsidian"(Anticon/Indigo) bezaubert u.a. mit der schönen Aufforderung "Come and fuck me!" 3
Derlei Vulgarismen kämen THESE NEW PURITANS niemals über die Lippen. Ihre "Fields Of Reeds"(Infectious/PIAS/RTD) sind mit größter Akribie und beinahe übertriebenem Hang zur Perfektion eingespielt (man munkelt von 72 takes für das drumming in "Fragment Two") und verbinden orchestralen Freakpop mit vielen Dingen, die mein schlichtes Gemüt gar nicht zu fassen vermag. Sicher nicht ohne Reiz, das. Aus dem Funkhaus Nalepastraße sendete aber trotzdem der Ost-Rundfunk, lieber Infoschreiber. 4
Was die Puritaner nicht ganz schafften, gelingt JASON KAHN, ich verstehe bei seiner Doppel-LP "Open Space"(Editions) nichts. Gar nichts - das anhand grafischer Notationen von 9 Musikern eingespielte ImproGeklingel vermag einfach nicht zu fesseln. 2
Nachvollziehbarer ist da JEAN FRANÇAIX' Klaviermusik, die Corinna Simon für die Reihe "Piano Rarities"(Crystal Classics) eingespielt hat. Von Jazz und Filmmusik inspirierte, leicht avantgardistische Schätzchen, insbes. die "Fünf Zugaben", die von mal zu mal schwieriger werden. 4
Weltmusikalisten kann ich "My Afrika" vom Namibier ELEMOTHO nur dann empfehlen, wenn sie auf ganz konventionellen penetrant gutgelauten "bright sunshiny day"-AfroPop stehen. 2
Auch beim culture-clash-x-over aus Indien und Afrika, den GONDWANA DAWN zelebrieren, stellt sich die Frage "Wozu das?". 2
Viel spannender und musikalisch aufregender ist ZOHREH JOOYAs "Journey To Persia"(alle ARC Music), die ich gern ausführlicher vorgestellt hätte. Das kunstvoll strukturierte Geflecht iranischer Musiktradition schillert farbenfroh wie ein Perserteppich und Jooyas Gesang ist mehr als oriental-betörend. Tip! 5
Nochmal schnell zurück nach Afrika. "Mixatac #1: Bamako"(Mixatac/Broken Silence) mischt klassischen Westafrikapop mit elektronischen Zutaten - durchaus gelungen. 3
Wem dieses Metrum zu flott sind, könnte an SLACKWAX' schleppendem downbeat Spaß haben. Dunkel-dubbig blubbernde VoodooPower, scheppernder NeoCountryBlues (man covert "On The Road Again") und ein ordentlicher Schuß 60ies-Soul machen aus "Night Out"(Modernsoul/Soulfood) ein kleines Erlebnis. Demnächst als backing-band für Bela B.s Soloalbum - kein Scheiß! 4
Modern, aber vergänglich ist die gute halbe Sunde SkandinavoPop von CLUB 8 auf "Above The City"(Labrador/Broken Silence). Nett, verträumt und ein klein wenig belanglos. 3
KISSES sind ja eigentlich was feines, als "Kids In LA"(Splendour/Cargo) zu Musik geworden aber viel zu flüchtig. Da hilft auch das producing von Saint Etienne's Pete Wiggs nix, dieser Pop bleibt zu harmlos. 2
Die Musik auf "Way Down Low"(Okeh/Sony) ist auch sehr sanft und möchte niemanden verletzen. Auch der zugehörige Gesang von KAT EDMONSON verlässt nie die Grenzen des Schicklichen und doch hat dieser leicht jazzige, z.B. bei "I Don't Know" von Brasil-Elementen durchsetzte AdultRadioPop durchaus Charme. 3
Am Ende noch was zum Wachwerden: bei "Major Arcana"(Carpark) von SPEEDY ORTIZ treffen britische Popkonzepte auf guten alten Rrrriot-Girl-GrungeRock der Güteklasse Hole. Das macht Spaß und trotzdem nicht dick! 4

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