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BROILERS

Die Songs, an die ich glaube!

BROILERS

Das erste Mal sind mir die Broilers 1997 auf dem Holidays in the Smog Festival in London aufgefallen. Da haben sie gar nicht gespielt, aber ich erblickte den schönsten Mann meines Lebens und der trug ein Broilers T-Shirt. Eine Oase für meine armen Äuglein im Meer der bekotzten Schmuddelpunks. Also schnell, einen Freund ausgequetscht, was es mit denen auf sich hat, um dann mit pointierten Wissen durchzustarten. Es war viel zu laut, um mein Gegenüber zu verstehen und so entschloss man sich, das Reden einzustellen und es beim Knutschen zu belassen. Stunden später stellte sich raus, dass es der Mirko aus Dresden war und dass ein sächsischer Slang aber auch wirklich alles zum Einfallen bringt. Naja, schön war er trotzdem!

Nun zehn Jahre später sitze ich in einer Düsseldorfer Kneipe im Kreise der Band und weil's so gemütlich ist, muss ich mich schwer zusammenreißen, die Contenance zu bewahren und mich nicht einfach mit den Jungs zu betrinken.

Die Broilers können bereits auf 15 Jahre Bandgeschichte zurückblicken und dass ohne die schmutzige Grenze von 30 überschritten zu haben. Ihre neueste Scheibe „Vanitas“ werden sie bei People Like You rausbringen und damit hat eine langgehegte Zuneigung Erfüllung gefunden.

„People Like You“ war für uns immer ein Traumlabel. Zum ersten Mal sind sie uns 1998 aufgefallen mit der Generators Veröffentlichung. Sie waren auf einmal da und sie waren direkt fett. Wir hatten bereits seit Mitte letzten Jahres losen Kontakt und dann fragte Andre uns, ob wir uns vorstellen könnten, mit denen zu arbeiten. Wir haben natürlich sofort ja gesagt. Gut für uns ist auch, dass sie uns den ganzen Business Kram abnehmen, weil das anfing, uns wirklich zu nerven und wir darüber auch Streit bekommen haben.“

Die Broilers haben sich trotz des ‚gottlosen Scheißnamens', wie Sammy ihn so schön bezeichnet eine Fangemeinde zusammengespielt, die sich sehen lassen kann. Mit einem weniger Stumpfsinn indizierenden Bandnamen wäre das sicher leichter gewesen, schreckt das plakative ‚Oi' doch erst mal jeden ab, der sich intellektuell über einem Quastenflosser oder einer 20-Loch Stiefel tragenden Ostglatze einordenen würde. Tatsächlich gab es auch schon am Anfang Überlegungen, ob nicht ein anderer Name angesagter wäre, aber authentisch und ehrlich bleiben ist die erste Punkrockpflicht und umso ehrfürchtiger horcht man auf, wenn man sie erst mal entschlossen hat, das Ding mit spitzen Fingern in den CD Player zu schnippen.

Sie können alles! Gänsehautverursachende Balladen, pathethische Lyrics, die aber niemals klebrig rüberkommen und eine Stimme - nun ja, ich will mich jetzt hier nicht völlig auflösen. Satte 19 Stücke umfasst ihr neues Album und ist damit nicht eine Sekunde zu lang. Drei Monate Studioarbeit hat das Baby gekostet und das Nonstop. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wie ist es mit der Verantwortung für die Message, die man in seinen Songs transportiert?

„Wir sind uns durchaus der Verantwortung bewusst, die wir allein schon dadurch haben, dass wir viele Leute erreichen, unsere Fans sich natürlich auch mit unseren Texten befassen und gerade auch Jüngere vielleicht bereit wären, das Ein oder Andere völlig unreflektiert umzusetzen, wenn wir es von der Bühne schreien würden. Aber wir stiften sie ja nicht dazu an, Unsinn zu machen, so nach dem Motto ‚Du da, mach mal das kaputt‘, weil wir selber auch nicht so denken. Gefährlich wäre es wenn es in der rechten Szene Leute gäbe, die wirklich gute Musik machen und so die Massen erreichen und indoktrinieren könnten. Aber Gott sei Dank sind aus dem Lager alle vollkommen untalentiert.“

Mittlerweile haben sie sich nach und nach mit allen die Bühne geteilt, die sie selbst toll finden: Flogging Molly, Misfits, Tiger Army ...

Da fehlen nur noch Social Distortion, Rancid und wenn es sie noch gäbe, die unumstrittenen Götter des Punkrocks: The Clash!!

„Clash haben mich gerade zu unserer neuen Scheibe sehr inspiriert, weil sie sehr vielseitig und experimentell gewesen sind und mit ‚Sandinista!‘ eins der besten Konzeptalben aller Zeiten hingelegt haben. Und eigentlich hätten wir gar keinen Bock mit Social Distortion zu spielen. Wir finden die viel zu cool, als dass wir herausfinden wollten, dass es sich in Wirklichkeit um arrogante Spastis handelt.“

Broilers haben sich im Laufe der letzten 15 Jahre stetig weiterentwickelt und sind gerade ihre Lyrics betreffend immer komplexer geworden. Schubladen sind nicht ihr Ding und sie halten sich nicht an irgendwelche Genre Grenzen.

Das Publikum hat sich ebenfalls gewandelt: Die, die auf attitudenlosen Prolo-Oi stehen, sind weggeblieben und dafür trifft man neben Rockabillies, Psychos, Punkrockern auch normale Kids an, die hier ihr erstes Schnupperstündchen in Sachen Subkultur abbekommen.

„Leute, die unsere Texte nicht verstehen und deshalb wegbleiben, wollen wir auch gar nicht haben, weil es einfach dumme Menschen sind.“

Letztes Statement! Aus die Maus!

Aktuelles Album: Vanitas (People Like You / SPV)


Foto: Frank Thues

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