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MOURN

Lach mal wieder!

MOURN

Bereits seit 2014 ist das von den in der katalanischen Provinz aufgewachsenen Jugendfreundinnen Jazz Rodriguez Bueno und Carla Pérez Vas zunächst als Duo ins Leben gerufene Postpunk- und Rock-Projekt Mourn aktiv. Seither veröffentlichte die inzwischen zum Quartett angewachsene Band bereits drei LPs und diverse EPs. Nachdem die Damen in die Großstadt Barcelona umgezogen sind und sich zuletzt auch einen neuen Drummer zugelegt haben, wagten sie eine Art Neustart und veröffentlichen mit „Self Worth“ nun bereits den vierten Longplayer. Dabei hatten Sie Glück, dass die Arbeiten an dem Album noch vor der Corona Pandemie soweit abschließen konnten, denn – wie uns Carla bestätigt – sieht es in Spanien zur Zeit ja wieder gar nicht so gut aus, was die Infektionszahlen betrifft.

Nicht nur der Titel des Albums, sondern auch die Musik – druckvolle Postpunk-Rock-Songs mit energischen Gitarrenriffs, polternder Rhythmus-Gruppe und akklamativen Vocals – kommt sehr selbstbewusst und selbstbestimmt daher. Ist es daher fair anzunehmen, dass es bei den ersten Alben „Mourn“, „Ha, Ha, He!“ und „Sopresa Familia“ eher darum ging, den Prozess des Aufwachsens zu dokumentieren, während es auf „Self Worth“ darum geht, den Platz im Leben zu definieren?

„Also ich weiß nicht“, zögert Carla, „wir wachsen eigentlich immer noch auf – jedenfalls tue ich das. Wir haben aber 2018 eine Menge durchgemacht und uns dann gedacht, dass es da eine Änderung geben müsste. Wir suchten nach einem Neustart: Lass uns einfach mal jammen und sehen, was passiert. Der Titel des Albums musste diesen Prozess ausdrücken. Du hast hast aber recht, dass wir nun wissen, was wir wollen, wer und wo wir sind und uns vertrauen können. Wir sagen heute: Lass uns auf uns selber hören. Wenn es eine toxische Situation gibt, dann muss diese aufhören und wir müssen etwas ändern. Wir wollen uns von sowas nicht mehr deprimieren lassen. 'Self Worth' bedeutet für uns 'Action!' und dass wir die Sache selbst in die Hand nehmen und bestimmen wollen.“ 
Führt diese Sichtweise dann auch zu einem neuen Selbstbewusstsein?

„Als Musikerinnen sicherlich“, antwortet Carla, „als Personen vielleicht. Als Band fühlen wir uns schon selbstbewusster. Zuvor waren wir unsicherer und haben uns oft gefangen gefühlt.“ Das hing ja sicherlich mit der Position als Musikerinnen zusammen, oder?

„Ja, denn offensichtlich möchten alle Musiker am liebsten von ihrer Musik leben können“, überlegt Carla, „wir investieren eine Menge Arbeit in unsere Musik, können aber nicht davon leben und müssen uns Jobs suchen, mit denen wir uns finanzieren können.“

Das machen Carla und Jazz ja auch in den Texten deutlich.

„Ja, genau“, bestätigt Carla, „wir erzählen zum Beispiel davon, dass man von uns erwartet, einen 'richtigen' Beruf zu ergreifen, weil die allgemeine Wahrnehmung die ist, dass Musikerin zu sein kein richtiger Job ist. Ich glaube, das passiert Influencern genauso. Die Leute sehen nur die glamourösen Aspekte, aber nicht die Arbeit die da drinsteckt.“ Dann zögert sie einen Moment und fügt noch hinzu_ „Aber Influencer werden wahrscheinlich sogar noch besser bezahlt, als Musiker.“ 
Ein Aspekt, der in den Texten Mourns nicht zu kurz kommt, ist der Humor – oder ist das eher zufällig?

„Wir sind schon ernsthafte Leute“, erklärt Carla, „aber wir sind gerne zuweilen ironisch. Wir machen gerne Spaß. Speziell wenn Jazz und ich uns unterhalten und nicht mit der Band diskutieren müssen. Wir haben diese spezielle Art zu kommunizieren. Auch in unseren Videos wollen wir unseren Humor zum Ausdruck bringen. Das ist uns deshalb wichtig, weil wir nicht aus allem ein Drama machen wollen. Wir beschäftigen uns schon mit realem Scheiß aber das sollte alles nicht so ernst sein. Im Leben geht es auch um das Lachen – das sehe ich jedenfalls so. Warum soll man nicht mal einen Witz machen? In der Musik geht das sowieso Hand in Hand.“

Mourn haben ja vor kurzem auch die EP „Mixtape“ veröffentlicht, auf der sie Songs von Come, dEUS, The Cure und Chris Bell covern. Sind das dann jene Bands, die die eigene Musik inspiriert haben?

„Das eigentlich weniger“, erklärt Carla, „wir haben Covers gespielt, seit wir angefangen haben, zusammen Musik zu machen. Es geht dabei weniger darum, dass das Songs sind, die uns inspiriert haben, sondern darum, Spaß zu haben und zu lernen, wie andere Songs spielen, um selber besser zu werden.“

Aktuelles Album: Self Worth (Captured Tracks / Cargo)

Foto: Cristian Colomer-Cavallari

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