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LE REN

Ein Ventil für die Trauer

LE REN

Als die kanadische Songwriterin Lauren „Le Ren“ Spears davon erfuhr, dass ihr Ex-Freund bei einem Motorradunfall ums Leben kam, war das im Prinzip der Startpunkt für ihre musikalische Laufbahn. Sie tat das, was ihr als Künstlerin am Logischsten erschien und verarbeitete ihre Trauer und das Gefühl des Verlustes in vier sparsam arrangierten, melancholischen Folksongs, die sie dann im letzten Jahr auf ihrer Debüt-EP „Morning & Melancholia“ zusammenfasste.

Mit dieser Debüt-EP – und auch mit ihrem nun vorliegenden Debüt-Album „Leftovers“ – schreibt Lauren damit im Prinzip die Geschichte der Folk-Musik aus ihrer Sicht weiter. War das von vorneherein beabsichtigt – oder verlangten einfach die Geschichten, die Lauren zu erzählen hat, nach einem solchen Setting?

"Ich denke schon, dass ich ein großer Fan von Folk- und Countrymusik bin“, überlegt Lauren, „meine Einführung in die Welt der Musik geschah sogar über die Bluegrass-Musik. Folk-Sounds sind in mir also tief verwurzelt. Was immer ich also mache, kommt von diesen Wurzeln. Es was also sicher kein bewusster Prozess, etwas in dieser Art zu machen, sondern es entstand alles für mich recht natürlich und aus dem Moment heraus."

Gibt es denn ein spezielles Rezept, in eine solch klassischen Setting und Umfeld die eigene musikalische Identität zu entdecken?

"Hm. Leider gibt es kein Rezept – ich wünschte, ich hätte eines“, lacht Lauren, „in meinen frühen 20ern habe ich auch mal andere Genres ausprobiert – aber es hat sich nichts so wirklich festgesetzt. In Montreal gibt es zum Beispiel eine große elektronische Community, der ich versucht habe mich anzuschließen, als ich herzog – aber das hat für mich einfach nicht funktioniert. Als mir das klar wurde, bin ich dann bei der Bluegrass-Musik geblieben, die ich kannte und mochte – und das hat sich für mich gut angefühlt, weil ich gar nicht versuchen musste nach oder wie etwas zu klingen, sondern ganz bei mir bleiben konnte."

Songs wie jene, die Lauren schreibt, überzeugen ja gemeinhin durch ihr reduziertes Format. Ist es denn schwieriger, einen einfachen als einen komplexen Song zu schreiben?

"Einfache Songs sind einfach am Besten für mich“, erläutert Lauren, „ein guter, einfacher Song kann Dich packen wie nichts anderes – es muss aber alles sehr delikat und ausbalanciert geschehen. Und wenn das richtig gemacht wird, dann kann das genauso effektiv sein, wie einen komplexen Song mit vielen Soundelementen zu schreiben."

Wie ist Lauren denn die LP angegangen? Sie ist ja nicht wesentlich lebensbejahender angelegt als die EP. Was macht Lauren zum Beispiel musikalisch, wenn sie mal richtig gut drauf ist?

"Also ich fühle mich schon als sehr glückliche Person in meinem alltäglichen Leben“, räumt Lauren ein, „ich verwende mein Songwriting aber, um einige ziemlich schwere Gefühle zu verarbeiten – Trauer, Verlust, Herzschmerz oder etwas. Indem ich mir auf diese Weise selber helfe und das zur Natur meiner Songs mache, bin ich sogar noch ein wenig glücklicher. Ich weiß nicht – ich würde sogar gerne fröhlichere Songs schreiben. Es ist nur so, dass es einfacher ist, sich mit der Musik aufzurichten, wenn man traurig ist. Das ist wie eine Art Balanceakt. Wenn ich mich gut fühle, dann fühle ich nicht das Bedürfnis, das durch die Musik zu spiegeln. Aber ich würde es gerne mal machen. Es ist schließlich etwas Schönes, wenn man das Gefühl von Glück auch in einem Song einfangen kann – weil es ja auch wichtig ist, dieses Gefühl zu propagieren. Ich hoffe, das kommt für mich auch irgendwann ein Mal."

Ist das Schreiben von Songs für sie also auch eine therapeutische Angelegenheit?

"Das Wichtige ist, ist dass man Gefühle wie Trauer oder Themen wie Verlust nicht ignoriert, denn sie werden immer da sein – egal was Du tust“, erklärt Lauren, „ich bin wirklich dankbar, dass ich eine kreatives Ventil dafür habe, mit meiner Trauer umzugehen. Das ist natürlich bei jedem anders – sei es, indem man darüber redet oder schreibt oder Kunst macht. Ich denke, meine Gedanken in Worte zu fassen und diese Worte dann zu singen, hilft mir definitiv. Anfangs ist es sehr schwer, sich selbst über solche Sachen singen zu hören – aber es wird mit der Zeit leichter, ändert sich und wird dann tröstlich. Oder aber – und das ist das Schöne an Musik – es wird etwas ganz Anderes daraus, sobald Du es veröffentlicht hast, weil es dann nicht mehr Dir alleine gehört und andere es ebenfalls verwenden können. Was Errungenschaften angeht, so denke ich, dass es meine größte Errungenschaft ist, wenn andere meine Songs hören und diese ihnen dann ebenfalls helfen."

https://www.facebook.com/LeRenBand/

Aktuelles Album: Leftovers (Secretly Canadian / Cargo)

Foto: Jean Guillaume-Bastin

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