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SAOSIN

Von Liebe mit Verstand

SAOSIN

Auch im Zeitalter digitaler und multimedialer Kommunikation kann der Kontakt mit Menschen am anderen Ende der Welt hier und da seine Tücken aufweisen. Was als simples Zeitzonenproblem begann, nahm seinen Fortgang in Gestalt eines enormen Fanansturmes durch australische Kids mit der Bitte um Handsigniertes. Um wen es geht? Um einen der heißesten Anwärter auf den Titel Aufsteiger des Jahres im Bereich Punkrock/Emo. Wer den Computer und das weltweite Netz für seine Recherchen im Bereich Musik nicht scheut, dürfte um den vielsagenden Namen ohnehin in der Vergangenheit nicht herumgekommen sein.

Insgesamt steht die Band als allzu lebendiges Beispiel dafür, welche immensen Möglichkeiten jungen Musikern offen stehen, wenn sie ihre ersten Aufnahmen frei zugänglich ins Netz stellen. Da wo andere Musiker bereits aus Angst vor finanziellen Einbußen die Technik verteufeln, können die fünf Kalifornier derzeit nur Dankbarkeit empfinden.

„Das Internet hat so viel für Saosin getan. Dadurch konnten eine Menge Kids mit unserer Musik in Kontakt kommen und wir haben unser Ziel erreicht, möglichst viele Menschen anzusprechen. Ich kann den Leuten gar nicht genug danken, die uns ihren Freunden vorgespielt oder sie auf unsere Band aufmerksam gemacht haben. Es bedeutet uns unglaublich viel, dass diese Menschen Zeit ihres Lebens mit unseren Songs verbringen.“

Nun ist also die Zeit vorbei, in der man als Fan darauf angewiesen war, die wenigen bisher veröffentlichten Stücke mühsam zusammenzusuchen, eigene Foren zu gründen und darin lauthals neues Material einzufordern. Mit dem selbstbetitelten Debüt erfüllt sich ein lang gehegter Traum der Band, einer in Eigenregie veröffentlichten EP endlich ein Full Length folgen zu lassen, dass neben der Tatsache, dass die Songs frischer und qualitativ höher anzusiedeln sind, auch durch eine neue Stimme bereichert werden.

Sänger Cove Reber zeigt sich enthusiastisch:

„Ich kann kaum glücklicher sein, dass ich endlich eine CD mit meiner Stimme in Händen halte, hinter der ich hundertprozentig stehe.“

Als Cove der Band beitrat und sein Vorgänger Anthony Green, der ursprünglich auch für den Bandnamen verantwortlich zeichnete, den Platz am Mikro frei machte, stand für die Band fest, dass man an Saosin festhalten würde. Zum einen sicherlich, um die hart erarbeitete Fanbase nicht zu verlieren.

„Anthony war schließlich nicht allein Saosin. Und auch andere Bands wie Underoath haben mit dem Sängerwechsel nicht komplett neu angefangen. Zudem hat unser Name eine tolle Bedeutung. Im Zusammenhang damit, dass er „Nichts hält für immer“ oder auch „liebe mit Zurückhaltung“ bedeutet, ist es schon fast ironisch, dass gerade Anthony der Namensgeber war.“

Was die Liebe zur Band angeht, hätte der Rest der Mannschaft wohl kaum einen motivierteren Nachfolger finden können. Zusammen mit Chris Sorenson und Mitgründer Beau Burchell schreibt er die Songs und trägt Sorge für die Lyrics.

„Die Texte unserer Lieder haben höchsten Stellenwert für mich, da ich sie präsentiere und absolut hinter ihnen stehen muss. Gerade live auf der Bühne muss ich sie jeden Abend aufs neue durchleben und die Emotionen an unser Publikum weitergeben. Ich habe natürlich einen ganz eigenen Zugang zu unseren Inhalten, da vieles auch sehr persönlich ist, aber ich lasse das Publikum gern seine eigene Auslegung finden. Der für mich wichtigste Song ist „I Never Wanted To“, den ich in der Zeit zu schreiben begann, als ich zur Band stieß. Die Lyrics dazu, die ich später um eine Strophe ergänzte, bedeuten mir eine Menge.“

Und so ist es für Saosin auch die Musik und die Verbreitung der eigenen Ansichten und Emotionen, die im Vordergrund stehen. Teil einer Szene zu sein, die zeitlich begrenzt ihren Höhepunkt hat, ist da vielmehr unvermeidlich denn bewusst geplant.

„Ehrlich gesagt ist mir jede Art von „Szene“ ziemlich egal. Meinen Part sehe ich darin, gute Songs zu schreiben und sie live zu präsentieren. Wir machen keine Musik, die sich in bestimmten Grenzen bewegen soll. Jeder Song unserer CD bietet neue Seiten und ich hoffe dass die Band noch weiter reift und sich von Album zu Album steigert.“

Die Bereitschaft, sich Anregungen zu holen, zeigen Samplerbeiträge wie das Pinback-Cover, das Chris und Cove einst schlicht aus Langeweile aufgenommen haben, das aber gleichzeitig die Vielfalt ihrer Einflüsse beweist.

„Dieses Cover haben wir für den Sampler eines Freundes eingespielt. Es gibt sicher noch einige weitere Songs, die es wert wären, nachgespielt zu werden, derzeit denken wir aber nur daran, unser eigenes Material möglichst weit zu verbreiten."

Mit dem enormen Toureifer dürfte dies gelingen. Der letztjährigen Tour mit Coheed And Cambria folgt in Kürze ein erneuter Deutschland-Besuch im Rahmen der „Taste Of Chaos“-November-Tour, die gemeinsam mit Taking Back Sunday, Anti-Flag und Underoath bestritten wird.

„Wir können es kaum erwarten, Taste Of Chaos wird sicher der Wahnsinn. Und das werden ganz bestimmt nicht unsere letzten Konzerte hier sein.“

Schließlich hat Cove auch noch eine Rechnung offen, da ihm 2005 seine angeschlagene Gesundheit einige Live-Dates mehr oder minder verhagelt hat. So euphorisch wie sich der Shouter aber im Vorfeld präsentiert, dürfen wir uns also diesmal auf einiges gefasst machen. Na dann, Manege frei!

Aktuelles Album: Saosin (Capitol/EMI)

Foto: Dave Gaslin

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