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HERMANO

Die Leichtigkeit des Seins

HERMANO

Den Traum, eine Band zu haben, von der andere nur träumen konnten, hatte einst auch Dandy Brown. Der Produzent und Musiker wusste seinerzeit wahrscheinlich noch garnicht, was den aus dem Projekt Hermano werden sollte, wollte er doch ursprünglich nur einen Haufen seiner Lieblingsmusiker zusammenbringen und seine Songs spielen lassen. Dass sich darunter Stoner-Röhre Nr.1 John Garcia (Kyuss, Unida, Slo-Burn) oder auch Ex-Afghan Whigs-Trommler Steve Earle befanden, war klar, dass sie zusagten, eher nicht. Das erste Album „Only A Suggestion“ schlug schon hohe Wellen, der Zweitschlag „Dare I Say“ ist noch größer und mit Sicherheit eins der Rockalben dieses Jahres.

Doch der Weg dahin war - wie eigentlich nicht anders zu vermuten war - steinig. Dave Angstrom (Ex-Supafuzz), Gitarrist der Band und Dandys Hermano-Mitstreiter der ersten Stunde, wurde selbst überrascht: „Dandy hatte sein Wunsch-LineUp über Jahre im Kopf und wollte eigentlich nur eine Platte machen. Dann hat er John und mich ausgetrickst, denn wir haben nur mitgemacht, weil er uns erzählte, dass jeweils der andere schon zugesagt hätte, was aber nicht stimmte. So waren wir dann beide dabei.“ Und die Chemie stimmte von Anfang an. „Wir hatten alle die gleichen Träume und Musik bedeutet uns allen so viel, dass es sehr einfach war, in dieser Kombination zusammen zu arbeiten. Eigentlich haben wir nie daran gedacht, dass die erste Platte je erscheinen würde, aber der Support, den wir erfahren haben, war überwältigend. Es hat alles großen Spaß gemacht und auf der Europa-Tour haben wir dann beschlossen, dass wir noch ein zweites Album aufnehmen werden.“ Und da begannen auch schon die Probleme, denn alle Bandmitglieder leben in verschiedenen Staaten der USA. „Wir haben uns viele CD‘s hin- und hergeschickt, viel über Internet kommuniziert, und dann einmal in der Woche miteinander etwas länger telefoniert.“ So kann man zusammenhalten, aber auch die Aufnahmen an sich leifen räumlich getrennt voneinander ab. „Die Drums haben wir in Atlanta aufgenommen, Bass und Gesang in Palm Springs, Gitarren und Gesang in Boca Raton, dann noch einmal Gitarren in Atlanta und haben das Teil dann dort gemischt - vor zwei Monaten. Und der Mix war das erste Treffen von allen Beteiligten für diese Platte überhaupt. Diese Arbeitweise hat uns allen viele Möglichkeiten gegeben, uns auf uns selbst als Musiker und Songwriter zu konzentrieren.“ Und, was auch irgendwie niemand wusste - das LineUp hat sich ein wenig verändert, da Mike Callahan, Gitarrist auf dem ersten Hermano-Album, durch Touraktivitäten seiner Band Earshot keine Zeit fand und Steve Earle die Band verließ, um an seinem Solo-Debüt zu schrauben. Stattdessen trommelt nun Dave‘s Supafuzz-Kumpel Chris Leathers fest bei Hermano. Und mit dieser Mannschaft (plus Olly Smit von den Celestial Seasons an der zweiten Gitarre) sind sie dann nun auf Europa-Tour. Leider derzeit nicht in Deutschland, aber wer weiss, was noch alles kommen wird. „Es ist schade, dass wir das nicht jeden Tag machen können, wir sind vom wirklichen Leben eingeschränkt. Das ist manchmal schwierig, weil es schön wäre, zu sehen, wo es die Band hinbringen könnte, wenn wir nicht solche Verpflichtungen hätten, wir nicht alle Familie hätten, Dandy nicht Lehrer wäre und ich nicht in einer Druckerei arbeiten müsste. Auf der anderen Seite sind wir sehr glücklich, dass wir alle normale Jobs haben, die uns ein solches Hobby erlauben. Unsere Chefs sind da sehr verständnisvoll, wenn wir wie jetzt mal eben 3 Wochen nach Europa wollen. Wir sollen bloß Postkarten schreiben!“ Sieht man sich das Album etwas genauer an, ist wohl ein Haufen Aggressionen verarbeitet worden, auch wenn der Albumtitel wohl halbwegs last minute doch noch von „Angry American“ in „Dare I Say“ umgewandelt wurde. Geht es textlich auch in eine eben solch harte Richtung? „In Sachen Texte wäre John wohl der bessere Ansprechpartner, weil er die meisten geschrieben hat, aber ich kann so viel sagen, dass es eine sehr persönliche Platte für ihn geworden ist. Den Song „Angry American“ zum Beispiel könnte man sehr leicht als ein „Fuck You!“, das an den Rest der Welt gerichtet ist, deuten, aber eigentlich meint er genau das Gegenteil.“ Und auch das Artwork soll nicht patriotisch wirken, auch wenn Stars & Stripes darin auftauchen. „Diese Symbole verblassen und sind zerrissen, so reflektieren sie den Status, in dem sich unsere Welt derzeit befindet. Sie Dir die Wahlen in den USA an, das gleicht schon einer Hollywood-Produktion. Ich finde, dass man einer Menge Politiker leider nicht vertrauen kann. Manche sollten besser Plattenfirmen aufmachen.“



Aktuelles Album: Dare I Say (Suburban/Soulfood)


Weitere Infos: › www.hermanorocks.com

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