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KLEE

Wer sind Helden?

KLEE

Ach, es hätte doch alles so schön sein können. Da ist dieses süße Mädchen in Berlin, das mit ein paar Jungs zusammen in einer Band spielt, die genauso langweilig aussehen, wie wir selbst. Aber die kleine Maus ist so cool, dass die trotzdem mit denen abhängt. Und die Musik von denen ist besser, als Merz Spezialdragees. Doch dann häufen sich die Indizien, dass unser neues Idol mehr will, als von uns angehimmelt zu werden. In Interviews kommt die voll schlau rüber, auf dem Cover des Musikexpress ist sie mit Blixa Bargeld und trägt gerne ein Shirt von dieser schwulen Retroband Zoot Woman. Nö, haben wir uns gedacht, das ist wohl doch eher eine Band für unsere Freundin. Offiziell finden wir die natürlich immer noch toll, aber insgeheim sehen wir uns schon nach einem neuen Schwarm um. Und die Rettung ist nah. Sie heißt Suzie Kerstgens, kommt aus Xanten, lebt in Köln, singt bei Klee und haucht uns mit jedem Lied ihres neuen Albums „Jelängerjelieber“ ins Ohr: „Es ist völlig in Ordnung, dass Du glaubst, ich habe meine Lieder nur für Dich geschrieben.“ Erleichtert stellen wir fest, dass man uns da draußen nicht vergessen hat. Wir sind ja auch nur Menschen mit Gefühlen, Sehnsüchten und Träumen. Und Klee sind das auch. Denn Klee haben ihr Herz an den Pop verloren.

Obwohl Tom Deininger, Sten Servaes und Suzie Kerstgens schon seit mittlerweile zehn Jahren zusammen Musik machen, vermittelt dieser Text den Eindruck einer Newcomer-Vorstellung. Das liegt vor allem daran, dass es im Leben von Klee eine Zäsur gab. Denn Klee waren vorher Ralley und in den 90ern als deutsche Britpop-Band die gutgelaunte Antwort auf die Hamburger Schlaumeier und Berliner Existenzialisten. Doch nach zwei Alben für Bertelsmann beendete ein schwerer Autounfall den eingeschlagenen Weg. Tom und Sten waren so schwer verletzt, dass an ein herkömmliches Bandleben mit Proben und Konzerten für lange Zeit nicht mehr zu denken war. Also mussten andere Wege gefunden werden, denn die Drei steckten trotzdem voller Ideen und Tatendrang. Also tauschten Tom und Sten ihre Instrumente gegen Computer ein, der Proberaum wurde zur Festplatte. Ihr Freund Jörg Burger (u.a. The Modernist, The Bionaut) versorgte sie mit der nötigen Software. Obwohl personell identisch, hatte ihr neues Kind mit Ralley nicht mehr viel gemeinsam uns so musste konsequenterweise ein neuer Name her: Klee waren geboren.
Vor zwei Jahren dann die ersten Lebenszeichen. Klee haben mit Ministry Of Sound Germany ein neues Label gefunden. Über deren neues Markenprodukt „Neue Heimat“ wird die Popnation behutsam mit ihrem neuen Sound vertraut gemacht. Doch es ist ein Umstand, mit dem die Band heute nicht sehr glücklich ist, der plötzlich alle Augen auf sie richtet: MOS lässt einen Klee-Song an einem Popkomm-Contest teilnehmen – und Klee gewinnen.

„Für uns ist das im Nachhinein eine eher doofe Geschichte. Zu dieser Zeit hatten wir nur den einen Song und wussten noch nicht, ob wir so mit Klee überhaupt weitermachen können. Also dachten wir, dass es vielleicht ein guter Anfang sein könnte, an so einem Wettbewerb teilzunehmen, um diesen Song vielen Leuten zugänglich zu machen. Als wir dann mit großer Mehrheit gewonnen hatten, waren wir natürlich sofort als die Band abgestempelt, die den Popkomm-Song gemacht hat. Dabei hat das Stück überhaupt nichts mit der Popkomm zu tun und wir beurteilen die Popkomm auch – wie alle – ausgesprochen ambivalent.“
Doch der Song öffnete Türen und machte Mut. Vor zwei Jahren folgte das erste Klee-Album, noch sehr elektronisch. Mittlerweile haben Suzie, Tom und Sten das Bandfeeling wiederentdeckt. In klassischer Komponisten-Tradition sind die neuen Stücke mit Klavier und Gitarre entstanden und wurden vorsichtig, fast zärtlich, mit Suzies Stimme verwoben. Die Begeisterung für die großen Momente des Pop, die ausgebreiteten Arme, den tiefen Blick, den freien Fall oder befreienden Schrei, ist Klee immer noch eigen. Schon allein deshalb könnte es sein, dass Klee die ewigen Newcomer bleiben werden. Die Leidenschaft für ihre Musik wird jedenfalls nicht älter.

Aktuelles Album: Jelängerjelieber (Modernsoul/Ministry Of Sound/Edel)
Weitere Infos: › www.kleemusik.de

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