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VAL SINESTRA

Die Chaosplaner

VAL SINESTRA

Irgendwo zwischen Punk, Hardcore und Rock´n´Roll tummelt sich mit Val Sinestra eine neue, aufregende Band, die laut Bassist Max zeigen möchte, „dass deutschsprachige Punkmusik nicht unbedingt immer schwermütig oder biergetränkt sein muss.“ Im Falle von Val Sinestra, die ihr Herz auf der Zunge tragen und raushauen, was gerade in ihnen brodelt, kommen derartige Assoziationen kaum auf. Eher freut man sich beim Debütalbum ´Unter Druck´ stetig auf die nächste Überraschung – so wie wir uns auf das Interview mit Max und Sänger Christopher.

Manche würden Val Sinestra sicher als leicht chaotisch bezeichnen – habt ihr eher das Gefühl, ein Chaos glätten zu müssen oder einem zu glatten Song noch etwas Chaos-Couleur hinzuzufügen?

Chris: „Sehr gute Frage. Es kommt immer darauf an, aus welchem Genre man kommt bzw. mit welcher Musik man aufgewachsen ist. Für manche sind unsere Songs schon zu glatt und kalkuliert, für andere klingen sie chaotisch. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Richtungen und versuchen, eine gewisse Diversität walten zu lassen und nicht Pop-Schema-F durchzuspielen. Ich glaube also eher, dass wir das Chaos glätten als es dem Song extra einzuhauchen.“

Max: „Man kann schon sagen, dass, wenn das chaotische Grundgerüst aus Bass und Schlagzeug steht, die ein oder andere Stelle für Gitarre und Gesang aufgeräumt wird.“

Euren Sound würde ich trotz aller krachigen Elemente als wohldosiert bezeichnen – seid ihr Klangfetischisten oder habt ihr einfach bei der Produktion drauf geachtet, dass sich die einzelnen Elemente nicht zu sehr überlagern?

Chris: „Wir alle sind große Fans der Band Ghost Of A Thousand und durften mit dem Gitarristen und Kopf der Band in Brighton unsere Platte aufnehmen. Jag Jago ist ein Soundgenie und hat versucht, mit wenigen Elementen eine starke Produktion zu basteln, ohne dass man das Gefühl bekommt, dass die Songs live so nicht umsetzbar sind: Keine breiten und langen Gitarrenflächen, sondern gut platzierte Sounds, die den Song interessanter machen. Nach fast jeder Studiosession haben wir viel über Musik und Sounddesign mit ihm gesprochen. Das war sehr inspirierend.“

Max: „Die Möglichkeit, so zu arbeiten und aufzunehmen, sind uns sehr wichtig gewesen, da wir uns durchaus vorstellen können, mit deutschsprachigem Punkrock auch international Anklang zu finden. Wir haben in England gespielt und dort gab es Leute die zwar kein Wort verstanden haben aber dennoch begeistert waren.“

Was direkt bei euch auffällt, ist der Schrei als (internationale) Ausdrucksform – nicht, dass das nicht schon andere Bands genutzt haben, aber folgt bei euch die Betonung der ´zwischendurch´ geschrieenen Phrasen und Worte einem Muster, einer Vision, einem Plan?

Chris: „Der Schrei als solches ist ein Stilmittel, um dem Text einen gewissen Nachdruck zu verleihen und die Stimmung des Songs zu unterstreichen. Es gibt auch Bands, für die das Schreien über eine komplette Songlänge Stilmittel ist. Ich finde jedoch, dass die Mischung und Intensität des Schreiens einen Song interessant macht. Die Fähigkeiten in einer Band, sei es mit einem Instrument oder einer Stimme, sollten einem ständigen Wandel und Voranschreiten zugrunde liegen, denn Stillstand bedeutet meistens auch Stagnation der kreativen Arbeit. Kunst ist lebendig und braucht Entwicklung, somit können auch unterschiedliche Intensitäten für ein Vorankommen sorgen. Dort, wo also der Text mich beim Singen wütender macht, werde ich auch mehr schreien. Das Gefühl muss dann einfach raus und das beste Mittel ist dann der Schrei.“

In ´Auf der Suche´ singt ihr davon, dass die Suche niemals aufhört, was leider oft wahr ist. Kommt es nicht manchmal eher auf das Glück des Findens an, statt sich verkrampft auf das Suchen zu konzentrieren?

Chris: “Mit ´suchen´ in diesem Kontext ist eher gemeint, dass man durch das Suchen motiviert ist, sich ständig weiterzuentwickeln und nicht stehenzubleiben. Jeder sucht doch einen gewissen Sinn im Leben, aber vielleicht liegt genau da der Sinn drin. Für manche Dinge lohnt es sich auch mal Umwege zu gehen oder kurz inne zu halten, solange wie man das Ziel und eigentlichen Weg nicht vergisst. Darum geht’s. Das Glück im Suchen finden.“

Aktuelles Album: Unter Druck (Concrete Jungle / Edel)

Foto: Steve Glashier

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