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MICHAEL BAKER

Knochentrocken

MICHAEL BAKER

Eigentlich sind es ja gemeinhin amerikanische Songwriter, die vom Fernweh getrieben ihr Heil auf der Straße suchen und mehr oder minder rastlos von Ort zu Ort ziehen, wobei dann ihr Liedgut logischerweise auf diesen Reisen geboren wird und immer wieder gerne von der Weite des Raumes, von der Sehnsucht nach der Ferne und der Suche nach dem Glück an fremden Orten handelt.

Europäische – namentlich Englische – Kollegen haben hingegen bodenständig zu sein und von der Heimat zu künden und zu schwärmen. Michael Baker ist da eher ein atypischer Vertreter seiner Zunft, denn zum einen hat Michael neben englischen auch französische Wurzeln und zum anderen reiste und lebte er lange Zeit in einem alten Van, mit dem er als Troubadour und Straßenmusiker kreuz und quer durch Europa tourte, bevor er dann die Muße fand, die Songs für sein Debüt-Album ´Dust & Bone´ mit Unterstützung zahlreicher Freunde, die er auf diesen Reisen kennengelernt hatte, in England einzuspielen. Obwohl Michael also oft und gerne als Solo-Künstler unterwegs ist (und hier auch als Straßenmusiker), ist sein Album – wie auch die zuvor veröffentlichte EP ´Keys To The Kingdom´ - ein Musterbeispiel in Sachen kreativer Kollaborationen mit zahlreichen befreundeten Musikern und Produzenten.

„Ich bin nicht typischerweise ein Solo-Künstler“, ist Michael dann auch bereit, einzuräumen, „denn auf meinen Scheiben arbeite ich mit einer sechsköpfigen Band und wunderschönen, reichhaltigen Arrangements.“

Und das ist fast noch untertrieben, denn auf ´Dust & Bone´ kreiert Michael ganze Klang-Universen und entwickelt auf diese Weise so einen durchaus eigenen Stil – obwohl er das selbst ganz anders sieht:

„Ich glaube gar nicht, dass ich einen besonderen Stil habe“, überlegt Michael nämlich, „aber was immer Du dabei empfindest, wenn Du meine Musik hörst, hat sicherlich seine Ursachen in meinen Erfahrungen als Straßenmusiker.“

Was sind dabei eigentlich Michaels musikalische Wurzeln? Insbesondere als Straßenmusiker ist es ja sinnvoll, wenn man über eine gewisse Kenntnis der Musikhistorie verfügt

„Ich wuchs mit einer Menge Musik aus den 60er auf, die meine Eltern hörten“, erinnert er sich, „das waren Sachen wie die Doors, Simon & Garfunkel, Pink Floyd, die Beatles usw. Das waren all diese Alben, die selbst heute noch zeitlos erscheinen.“

Vielleicht erklärt das auch Michaels vorliebe für klassische, organische Songwriter-Settings.

„Danach interessierte ich mich für Damien Rice“, fährt Michael fort, „insbesondere dafür, wie seine Live-Energie das, was seine wunderschönen Alben ausmacht, sogar noch übersteigt. Heutzutage zählen Bon Iver, James Blake und sogar mehr noch elektronische Künstler wie Sohn & Bonobo zu meinen Favoriten.“ Das heißt also, dass sich Michael von anderen Musikern inspirieren lässt? „Auf jeden Fall“, meint er, „alles inspiriert mich. Tatsächlich versuche ich heutzutage, mir so viel Musik wie möglich anzuhören.“ Nun ist es ja grundsätzlich etwas anderes, alleine als Straßenmusiker aufzutreten – oder bei einer Studioproduktion mit vielen anderen Menschen zusammen zu arbeiten. Wie sieht Michael denn selbst diesen Prozess?

„Ich betrachte die Musik selbst vor allem als eine Zusammenarbeit“, führt Michael aus, „denn ich liebe es, mit so vielen Leuten wie möglich zusammenzuarbeiten. Ich bin aber in diesen Prozess ziemlich eingebunden - denn offen für alles zu sein und der Verzicht auf ein Ego helfen mir dabei, meine Ziele zu erreichen.“

Das ist aber schon ein ziemlich mutiges Statement für einen Musiker, der sich unter eigenem Namen als Solo-Künstler präsentiert. Was sind dabei die Ziele, die Michael auf diese Weise erreichen möchte?

„Musik zu schreiben, die die Leute berührt … für mich ist es nämlich ein großes Ding, wenn Leute auf mich zukommen und mir sagen, wie sie sich fühlen, wenn sie meine Musik hören.“

Dafür gibt es dann auch weiterhin Gelegenheiten genug – denn auch nach der Veröffentlichung seines Albums wird Michael Baker seine Berufung als Troubadour natürlich nicht aufgeben. Auch wenn er heutzutage London, und nicht mehr seinen Van als Heimatadresse angibt …

Aktuelles Album: Dust & Bone (Keys To The Kingdom / Rough Trade)

Foto: Ullrich Maurer

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