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SONDASCHULE

Neue Klasse, neues Glück

SONDASCHULE

Schon längst gehören Sondaschule zum festen Bestandteil der deutschen Musiklandschaft und auch wenn mancher angesichts des Bandnamens in Gedanken die Nase rümpft, sollten wir nie vergessen, dass wir doch auch alle samt auf die Toten Hosen standen und dämlicher geht’s doch diesbezüglich schließlich gar nicht. Nomen sind eben nicht immer Omen und Sondaschule überraschen immer wieder aufs Neue mit scharfsinnigen Texten, deren Besonderheit in der Lakonie des Alltäglichen liegt. Vergleiche mit den Ärzten kommen auf, eine Tatsache, die Costa und Co. nicht sonderlich stört, wer hat schon was dagegen, an die beste Band der Welt zu erinnern?

Und für alle, die es noch nicht mitbekommen haben, Sondaschule kommen aus dem tiefstem Ruhrpott, aus Mülheim, um genau zu sein und das hat musikalisch einiges an Schrägheiten zu bieten, immerhin ist Mülheim auch die Heimat von Helge Schneider und den Lokalmatadoren. Mit beiden teilen sie den Hang zur Anarchie und hemmungsloser Direktheit und allen dreien haben diese Ingredienzen den Erfolg beschert, den sie heute haben.

Ihr macht Skapunk und habt damit zu einer Zeit angefangen, als es hierzulande noch nicht gang und gebe war Punkrock mit einer Bläserfraktion zu spielen. Hattet Ihr Vorbilder, die Euch dazu inspiriert haben?

“Klar, Vorbilder gab´s immer. Wir standen damals auf Bands wie die Mighty Mighty Bosstones, da sie Bläser mit Punkmusik kombinierten. Das war damals neu für uns und auf eine gewisse Art auch irgendwie geil. Das hat uns dann dazu bewegt auch so etwas machen zu wollen. Aber auch Bands wie z.B. Rancid gehörten damals zu unseren absoluten Lieblingsbands, ebenso NOFX oder die US Bombs. Halt amerikanischer Ska-/Melodie-/und Streetpunk, das was man beim Skateboard fahren eben so hört.”

Was war eine der großartigsten Shows in Eurer Bandgeschichte bisher?

“Das ist sehr schwer zu sagen, da es sehr viele großartige Erlebnisse im Laufe unserer Bandgeschichte gab. Aber mit Sicherheit gehört das Kölner Palladium-Konzert dazu, als wir die Supportband für "The Offspring" waren. Wir waren natürlich erstmal ziemlich unsicher, wie wir beim Publikum ankommen würden, weil sich bei solchen Mega-Acts ja oft kein Mensch um die Vorgruppe schert, aber als wir dann auf die Bühne raus sind, sprang doch der Funke ziemlich schnell über und die Leute fingen Feuer. Was ich auch richtig cool fand war, dass die Jungs von "The Offspring" sich tatsächlich unsere Show angeguckt haben und zu unserer Freude wirklich total begeistert von unserem Konzert waren und das, obwohl sie kein Wort von dem, was wir da gesungen haben, verstehen konnten. Das zeigt mal wieder, dass Musik eine weltweit zu verstehende Sprache ist, die allein durch die Energie und die Melodien international funktioniert, auch ohne den Sinn der Texte. Nachts haben wir dann aber auch noch die ein oder andere Textstelle für Noodles, den Gitarristen von "The Offspring" übersetzt, weil er unbedingt wissen wollte, warum die Leute an manchen Stellen in unseren Songs immer anfingen zu lachen.

Das war für uns schon ein großartiges Erlebnis. Für "The Offspring" anscheinend aber auch, denn sie haben uns sofort wieder eingeladen, ihr einziges Deutschlandkonzert im Jahr 2012 in Hamburg zu supporten und uns versprochen, dass wir bei der nächsten Deutschlandtour wieder mit von der Partie sein werden.”

Wie bereits erwähnt, kommt ihr aus dem Ruhrgebiet, macht sich das irgendwie in Eurer Musik bemerkbar, gibt es da eine spezielle Attitude, die sich bei Euch widerspiegelt? Euer erstes großes Konzert, das Euch einem größeren Publikum vorstellte, habt ihr vor 10 Jahren in Oberhausen mit den Lokalmatadoren gespielt, die ja aus der Nachbarschaft kommen. Wie kam es dazu?

“Um mit der Frage nach unserer Mentalität anzufangen: Die Menschen im Ruhrgebiet sind dafür bekannt, ihr Herz auf der Zunge zu tragen und nicht viel auf Schein zu geben, sie sind echt und direkt, weniger neidischer und nicht so sehr auf Prestige aus. Weder Helge Schneider, noch die Kassierer oder die Lokalmatadore haben sich je verbogen, um Erfolg zu haben. Helge hat immer sein Ding gemacht und zufällig hat’s den Leuten gefallen, wenn das nicht so wäre, würde er heute immer noch haargenau das Gleiche machen und eben nix damit verdienen, das scheint so eine Grundeinstellung bei uns hier zu sein.

Die Lokalmatadore waren damals für uns immer die größte Punkband aus der Gegend und da Mülheim nicht wirklich groß ist und weil im Pott irgendwie jeder jeden kennt, bekamen wir die Möglichkeit vor gut 600 Leuten mit denen 2002 in Oberhausen zu spielen. Spiller, der damalige Konzertveranstalter gab uns die Chance und wir nahmen dankbar an. Zu unserem Glück war an diesem Abend auch der Chef eines Plattenlabels im Publikum und hat uns gleich nach unserem ersten Auftritt der Bandgeschichte einen Vertrag angeboten, wir haben natürlich sofort angenommen und zwei Wochen später waren wir im Studio.”

Euch gibt es nun seit 13 Jahren und ihr klingt immer noch unglaublich frisch und unverfälscht. Inwiefern hat sich bei Euch eine Entwicklung abgespielt? Gibt es Dinge, die Ihr heute eindeutig anders machen als in Euren Anfängen würdet ?

“Wir entwickeln uns stetig weiter und möchten nie stehenbleiben. Unsere Texte sind ausgereifter, unser musikalischen und technischen Fähigkeiten gereift und unsere Einstellung zur Band sowieso. Wir haben damals als Spaßprojekt angefangen und mittlerweile ist unsere Band für die meisten von uns zur Hauptbeschäftigung geworden und ein Teil der Band verdient mittlerweile sogar seinen Lebensunterhalt damit.

Natürlich nehmen wir uns selbst immer noch nicht total bierernst, aber es gibt mittlerweile ein paar Sachen, bei denen wir uns einig sind, dass die mittlerweile so nicht mehr gehen, wie z.B. sich vor einem Konzert so sehr zu besaufen, dass man nicht mehr weiß, wo man ist und was man zu tun hat.

Ich mein, wir sind eine Punkrockband und natürlich trinken wir auch vor den Shows mal was, wir sind ja bekannt dafür keine Kostverächter zu sein, aber ich erinnere mich an ein Konzert vor einigen Jahren in Osnabrück, da war unser Gitarrist so besoffen, dass er überhaupt nicht mehr spielen konnte, was an sich nicht so schlimm gewesen wäre, weil wir ja im Normalfall noch einen zweiten Gitarristen haben und den anderen einfach leiser drehen könnten. Dummerweise war der zweite Gitarrist an diesem Tag krank und somit gar nicht dabei. Das war schon ein ganz schönes Disaster, so ganz ohne Gitarren…bzw. ohne eine Gitarre die grade das gleiche Lied spielt wie der Rest der Band, denn gespielt hat er ja trotzdem voller Elan. (lacht.) Diese Show war echt scheiße und wir haben uns danach darauf geeinigt, dass so etwas nicht mehr vorkommen darf, da uns sonst auch einfach der Spaß verloren geht. Schließlich wollen wir ja rocken!

Bei unserem neuen Album haben wir auch das Songwriting anders angepackt. Normalerweise haben wir unsere Songs immer auf die allerletzte Minute im Studio fertigbekommen, was auch immer geklappt hat, aber diesmal haben wir uns im Vorfeld schon sehr viel Zeit dafür genommen und ich mir auch sehr viel Zeit und Mühe mit den Texten gegeben, damit alles schön rund wird. Und ich glaube das hört man auch und hat sich gelohnt.”

Du hast vorhin erwähnt das einige von euch mitlerweile Sondaschule als Hauptjob betreiben, das heisst Ihr habt es geschafft, oder?

“Das hört sich jetzt mit Sicherheit arrogant und überheblich an - und ich kann da auch nur für mich sprechen - aber ich sage jetzt einfach mal ganz klar, ja! Momentan könnte es für mich nicht besser sein. Ich reise viel, spiele Konzerte und nehme Platten auf. Ich mache quasi all die Dinge die ich mir früher immer gewünscht habe und muss nicht morgens um 8 Uhr zu einem Job der mir nicht gefällt. Dazu muss ich aber auch sagen, wenn wir an einer neuen Platte arbeiten, bin ich auch von morgens früh bis spät abends, bzw. mitten in der Nacht fast ohne Unterbrechung beschäftigt und auch Touren kann manchmal ganz schön anstrengend sein, aber dafür habe ich natürlich auch Zeiten, in denen ich tun und lassen kann, was ich will. Und wenn ich dann nicht grade durch die Welt reise um mir diesen Planeten mal genauer anzuschauen, dann geh ich tatsächlich auch mal gerne in einem normalen Job arbeiten, einfach um den Bezug zur ‚normalen‘ Welt nicht zu verlieren und um mal was anderes zu sehen.”

Was war für Dich der beste Moment, seit es Sondaschule gibt?

“Das ist immer schwer zu beantworten. War es das erste eigene Album? Die Eröffnung von Rock am Ring? Es gab so viele schöne Momente. Wo ich mich aber immer gerne dran zurück erinnere ist der Moment als wir mit dem ersten Album eine unserer ersten Shows in Süddeutschland spielten und das Publikum alle unserer Songs mitsingen konnte. Einfach dieser Gedanke, dass es tatsächlich relativ weit weg von zu Hause, so viele Leute gibt, denen unsere Musik etwas bedeutet und die sich immerhin so eingehend damit beschäftigt haben, dass sie alle unsere Texte auswendig kannten. Das war ein tolles Gefühl!”

Euer neues Album ist grade rausgekommen und prompt in die deutschen Charts eingestiegen, aber ihr geht erst im Februar auf Tour – macht man so etwas normalerweise nicht zeitnah?

“Wir sind die letzten zwei Jahre immer zur Weihnachtszeit getourt, aber nach der ganzen Arbeit mit der neuen Scheibe und dem ganzen Veröffentlichungs-Stress, dass wir mal wieder erst kurz vor Ultimo fertiggeworden sind, haben wir beschlossen, jetzt erst mal zu entspannen und auszuruhen. Zudem gibt es zur Weihnachtszeit immer so viele Konzerte überall, da müssen wir nicht auch noch mitmischen. Im Februar ist alles entspannter und wir haben Zeit uns richtig auf die Tour zu freuen. Außerdem hat das den Vorteil, dass die Fans unsere neuen Stücke dann schon besser kennen und hoffentlich die Texte schon alle können.”

Ein letztes Statement?

“Wir möchten allen danken, die uns bisher die Treue gehalten haben und uns zu dem gemacht haben, was wir heute sind. Ein ganz besonderer Gruß geht an unsere Streetteammitglieder, die überall in Deutschland unterwegs waren, um uns bei der Promotion für das neue Album zu unterstützen. Ihr seid die Geilsten!!! Wir wissen das total zu schätzen und es bestärkt uns immer aufs Neue weiterzumachen.

Eine Nachricht noch an alle die bis hierher gelesen haben, kommt zu unseren Shows im Februar und feiert mit uns. Wir freuen uns auf Euch!”

Aktuelles Album: Lass es uns tun (7DaysMusic / Sony)

Foto: Sandra Muequin

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