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GEMMA RAY

Mehr als Phil Spector

GEMMA RAY

Eigentlich haben sich die Regeln ja etabliert: Es gibt eine neue Scheibe, diese wird dann promotet, anschließend auf Tour vorgestellt und dann zieht sich der Künstler zurück und schreibt neue Songs. Gemma Ray hat allerdings keine Lust, sich an dieses Schema zu halten. Ihre letzte CD, "Lights Out, Zoltar!" ist noch nicht ganz abgekühlt, da kommt sie bereits mit einem neuen Werk, der Cover-Scheibe "It's A Shame About Gemma Ray" um die Ecke und erzählt im gleichen Atemzug davon, dass das nächste Album mit eigenem Material bereits so gut wie fertig sei.

“´Shame´”, so sagt Gemma, sei eher zufällig entstanden. “Als ich zuletzt in New York war und dort einige Shows spielte, habe ich mich mit Matt Verta Ray (Speedball Baby, Heavy Trash / John Spencer) angefreundet. Er hatte mir eigentlich nur sein Equipment ausgeliehen – dabei aber erwähnt dass er ein herrliches analoges Studio habe. Wir probierten einige Stücke aus und das gefiel uns beiden sehr gut, so dass er vorschlug, dass wir uns gegen Weihnachten erneut treffen sollten, um gemeinsam eine ganze Scheibe zu machen. Da war also kein Plan dahinter.”

Wie wählte Gemma denn die Songs aus?

„Auf die Gefahr hin, banal zu klingen, gab es nur ein oder zwei, die ich wirklich ausgesucht hatte, weil ich sie mochte – etwa den Song von Gallon Drunk – die anderen steckten in meinem Kopf. Und zwar insofern, als dass ich besessen von ihnen war. Es ging um Stücke, die mit Erinnerungen verbunden waren – aus der Kindheit etwa, oder der Beerdigung einer Freundin – das war ´Big Spender" von Shirley Bassey. Wir hatten zwar versucht, eine Liste zu machen – aber das ist zu überwältigend: Wo fängst Du an, wo hörst Du auf? Also wählte ich die Stücke, die mich gewählt hatten.“

Gemmas Musik – ihre eigene, wie auch diese Cover-Versionen - kommt am Ende ja immer mit einem gewissen Retro-Touch daher, den man gemeinhin in der heutigen Pop-Kultur oft mit Kino-Momenten assoziiert – Drive-In-Theaters, B-Movies, Tarantino – muss da nicht auch ein gewisses Gefühl für Ironie im Spiel sein?

„Ein wenig“, überlegt Gemma, „einfach weil ich immer daran interessiert bin, Dinge aus ihrem Zusammenhang zu nehmen. Ich weiß nicht ob 'Ironie' der beste Begriff wäre, weil ich den immer damit in Verbindung bringe, auf die Dinge herab zu blicken, was ich nicht tue. Aber mir geht es auf jeden Fall darum, möglichst viele Aspekte des Lebens einzufangen. Ich mag es, wenn ein Stück alle Emotionen beinhaltet, die man sich vorstellen kann. Deswegen packe ich auch immer gerne alles in meine Songs, was mir so einfällt.”

Ist das denn nicht schwierig, wenn alles analog aufgenommen wird?

“Dass die neue Scheibe analog aufgenommen wurde, lag an Matt's Arbeitsweise. Für mich war das eher neu. Ich fand es spannend zu sehen, wie man das alles in kurzer Zeit mit zwei Spuren hinbekommen könnte. Das analoge Experiment war so etwas wie Urlaub vom Digitalen für mich, denn bei meinen eigenen Scheiben will ich ja immer mehr als Phil Spector und benutze da schon gerne Pro-Tools.“

Ist diese Arbeitsweise auch der Grund für Gemmas hohen Durchsatz?

„Das kann man so sagen“, bestätigt Gemma, „ich habe mein neues Album schon halb fertig und habe es überall auf der Welt aufgenommen. Und zwar deswegen, weil ich mich bemühe, mich mit Studio-Zeit bezahlen zu lassen. Die Hälfte ist so in Australien entstanden, etwas in Südafrika und dann geht es wieder nach England.“

Zum Glück ist Gemma bei einem Label, dass dies auch alles mit macht. Gemma Ray, so scheint es, ist also weniger eine typische Songwriterin sondern so etwas wie ein wandelnder musikalischer Prozess. Nun – so etwas muss es ja auch geben …

Aktuelles Album: It´s A Shame (Bronzerat / Soulfood)

Foto: Erik Weiss

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