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BOHREN & DER CLUB OF GORE

Es sind die Kings des Spelunkendoom, Herr Kommissar.

BOHREN & DER CLUB OF GORE

Mann, was ist das für ein Jahr für die Freunde der schleichenden Verderbnis: Evoken zurück, Esoteric zurück, die finnischen Funeral-Doom-Gottväter Skepticism nach gefühlt hundertjähriger Pause wieder aktiv und mit neuem Album im Anmarsch und die härteste Band Deutschlands tritt drei Jahre nach „Geisterfaust“ mit Album Nummer sechs massiv aus dem schweigenden Nichts.

„Dolores“. So heißt das neue Werk aus Mülheim/Ruhr und Köln. Und wer sich noch an die Titel des ersten Albums „Gore Motel“ von 1994 erinnert – z. B. „Dangerflirt mit der Schlägerbitch“ oder „“Conway Twitty zieh mit mir“ – erkennt gleich, dass sich die Herren Gaß, Benning, Rodenberg und Clöser wieder in ihrem ureigensten Terrain bewegen. Einer zwielichtigen Scheinwelt als Collage diverser Subkulturen, Mediensozialisation der 70er und – Heavy Metal. Doch Dolores ist nicht nur – zumindest in unserem Kulturkreis – einer dieser weiblichen Kunstnamen, der in B-Movies und stereotyp dargestellten Halbwelten persistiert, sondern auch eine Pluralform des lateinischen Wortes „dolor“, also Schmerz. Eine Allegorie, die die Entstehung des neuen Albums schön umschreibt, war doch eben diese Entstehung zwischendurch mehr als fraglich.

„Wir hatten die Platte schon wie immer in unserem kleinen Heimstudio fertig aufgenommen, als die Festplatte abgeraucht ist. Schlau wie wir sind, gab es keine Backups und die Reparatur wäre zwar möglich gewesen, aber für unsere Verhältnisse viel zu teuer. Also blieb uns nichts anderes übrig, als alles noch mal aufzunehmen. Als uns nach extrem langem Überlegen endlich der Name „Dolores“ einfiel, war die Entscheidung klar, denn das war eine wirklich schmerzhafte Geburt.“

Wobei man auf die Geburt eines anderen Sprösslings aus dem Hause Bohren schon seit geraumer Zeit vergeblich wartet. Für die Latitudes-Impro-Serie von Southern Records hat die Band nämlich schon vor Jahren ihr bisher einziges Improvisationsstück aufgenommen: „Mitleid Lady“. Obwohl schon lange überfällig und bereits mehrmals angekündigt, liegt die von Fans ersehnte Vinyl-Veröffentlichung immer noch auf Eis. Doch Nachfragen bei den Urhebern selbst bringen leider auch kein Licht ins Dunkel:

„Wir sind da genau so ahnungslos, wie alle anderen. Wir wissen auch nicht, warum da bisher noch nichts geschehen ist, gehen aber weiterhin davon aus, dass die Platte irgendwann bestimmt erscheinen wird. Nur haben wir da überhaupt keinen Einfluss drauf.“

A propos ‚erscheinen’. Wie schon Album Nummer vier „Black Earth“ von 2002, wird auch „Dolores“ in den USA wieder bei Mike Pattons Label Ipecac veröffentlicht.

„Mike Patton hatte uns auch angeboten, die Platte weltweit auf Ipecac raus zu bringen. Natürlich mögen wir Ipecac, finden viele Bands dort richtig gut und passen da auch irgendwie ins Roster. Aber wir wollen uns auch nicht in einer bestimmten Szene bewegen, uns von Markennamen vereinnahmen lassen oder einen fremden Stempel aufgedrückt bekommen. Viele Leute finden Bands schon alleine deswegen gut, weil sie auf einem bestimmten Label erscheinen, und da gehört Ipecac und z. B. Southern Lord auch dazu. Daher haben wir uns für die neue Platte dazu entschieden, sie bei Pias zu veröffentlichen, weil das ein Label ist, auf dem so derart viele unterschiedliche Musik erscheint, dass man das Programm keiner einzelnen Szene oder keinem Genre zuordnen kann. Das mögen wir sehr.“

War das vorige Album „Geisterfaust“ noch eine Art Konzentrat der Entwicklungen und Inkarnationen, die Bohren in den Jahren seit „Gore Motel“ durchlebt haben, die Reduktion des Sounds auf seine Atmosphäre und das Skeletieren derselben bis auf ein bestimmtes Gefühl, so spannt die Band nun wieder einen Bogen zum Ursprung dessen, was man damals als Bohren & Der Club of Gore verwirklichen wollte.

„Die Grundidee war immer, dass wir diese spezielle Stimmung der alten „Der Kommissar“-Folgen mit Erik Ode einfangen wollten. Diese schwarz-weiße Hoffnungslosigkeit, die immer zu spüren war und auch nicht verschwand, obwohl der Täter doch gefasst wurde. Und weil wir das gerne selbst hören wollen, haben wir wieder eine neue Platte gemacht. Und damit wir uns die neuen Stücke auch selbst öfter anhören können, sind die Stücke diesmal deutlich kürzer geworden. Diese 20-Minuten-Stücke haben wir uns doch nie mehr ganz angehört.“

Nicht nur ihr…

Aktuelles Album: Dolores (Pias/Rough Trade)

Foto: Alfred Jensen

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