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LAPKO

Jung, begehrlich und alle Augen nach vorn

LAPKO

Anfang März in Helsinki und es liegt Schnee. Schneeweiß. Genau das, was man um diese Zeit dort erwartet. Und mittendrin im Schnee da stehen drei schwarzkuttige Herren. Sie machen das Winterweiß sogleich etwas düsterer. Als wäre es im allertiefsten Winter nicht schon düster genug. Achtzehn Stunden am Tag bleibt es dunkel, nur zwischen neun und fünfzehn Uhr ist es hell. Aber egal, ob winterdunkel oder mittsommernachtshell, in der finnischen Hauptstadt Helsinki sind leuchtende Musik-Fixsterne en masse zu finden.

Die drei Schwarzkutten gehören dazu. Sie sind die neuen Shootingstars des Nordens, heißen Lapko und erweisen sich als nur ein wenig angedunkelt. Sie hinterlassen bereits seit deutlich mehr als zehn Jahren ihre musikalischen Spuren. Die aktuelle Scheibe „Young Desire“ ist allerdings erst ihre dritte. Sie stammen aus der südwestfinnischen Kleinstadt Harjavalta und waren schon im Sandkasten Freunde. Das Städtchen ist ein Zentrum der Metallverarbeitung. Das konnte nicht ohne Folgen bleiben.



Schwergewichtig

Ständig musste die Lapko-Musik sich irgendwelche Vergleiche gefallen lassen. Mit dem mal und dann mit jenem. Nein, ich lege da jetzt keinen Vergleich obendrauf. Das Trio, bestehend aus Ville Malja an Gitarre und Gesang, Anssi Nordberg am Bass und Janne Heikkonen am Schlagzeug ist inzwischen schwergewichtig genug, um auch ohne Vergleiche auftreten zu können. Andererseits wiegt das musikalische Gewicht inzwischen so schwer, dass sie jedem der angestellten Vergleiche locker standhalten. Und da kommt die Metallverarbeitung ins Spiel. In deren Schatten haben sie gespielt, damals in ihrer Heimatstadt. Einer von ihnen ist sogar Metallwerker geworden und hat dabei oft mit dem Feuer gespielt. Das hat sich auf die gesamte Truppe übertragen. Mit der Hitze der Urkraft spielen sie auch heute noch gerne. Damit machen sie die Metall-Noten heiß, um sie besser verbiegen und ihnen Lapko-Gestalt verleihen können. Mal kochen sie damit ihr allerureigenstes Musik-Süppchen fernab von allen Finnenklischees. Eins tun Lapko in beiden Fällen, sie verschmelzen Emotionen mit verdammt harten, aber auch verdammt melodischen Klängen. Und da kann im Einzelfall auch mal die Geschwindigkeit mit ihnen durchgehen, um gleich danach absolut melancholisch verschleppt wieder zurückzukommen.



Begehrlich

”Young Desire” kennt nur eine Begehrlichkeit, nämlich die, den Anspruch auf den Hymnenthron zu formulieren. Wer solche Klangatmosphären an die Front schickt, dessen Musik ist Ausdruck hoher Begeisterung. Und wer in dieser Begeisterung verhaftet, im Verlaufe einer CD keine formalen Regelmäßigkeiten aufkommen lässt, wer jedem Stück eine ihm eigene Inspiration mit auf den Weg gibt, der darf sich auf dem angesprochenen Thron so richtig breit machen. Und der darf auch völlig zu Recht „Queen“ als Quelle der eigenen musikalischen Bestrebungen nennen. ”Young Desire” wird so zu einer der interessantesten Veröffentlichungen derzeit. Beim Hören von Lapko-Musik, da kann man sich schon mal ordentlich die Ohren verbrennen. Und Obacht, die Musik glüht noch eine ganze Weile nach.



Explosiv

Dass diese Noten nicht nur in eine CD gefasst so energetisch daher kommen, dies zeigen auch die Liveshows des Trios. Lapko lassen dort ganz im Sinne der Metallverarbeitung die Funken nur so sprühen. Der Drummer drischt auf seine Felle, als wäre es jeweils das letzte Mal, dass er dort hinter der Schießbude sitzen darf. Er gibt den Rhythmus vor. Der andere Rhythmuskönig, der Bassist gibt den schwarzen Parforcereiter durch die Lieder. Der Gitarrist hingegen schickt schneidend scharfe Riffs in Richtung Publikum, die sich mit dem Schrei seiner Stimme ein Wettrennen liefern. Alles Ausdruck von „Young Desire.“ Plastisch, phantastisch und packend.

Aktuelles Album: Young Desire (Fullsteam / PIAS)

Foto: Samuli Karala

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