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ROVER

Romantischer Vagabund

ROVER

Rover heißt übersetzt nichts anders als Wanderer oder Vagabund. Das trifft durchaus zu, wenn man den Lebenslauf des Franzosen heranzieht. Sein Vater arbeitete nicht nur bei einer Fluglinie, sondern auch gerne im Ausland. Neben dem heimischen Frankreich lebte Rover - der mit bürgerlichem Namen übrigens Timothée Régnier heißt - in Japan, auf den Philippinen, im Libanon oder auch in New York. „Natürlich lernst du durch dieses ständige Umherziehen eine Menge“, weiß Rover, „über dich und über die Welt. Und vor allem darüber, dich selber nicht so wichtig zu nehmen. Das Erlebte beeinflusst natürlich auch die Art und Weise, wie ich Stücke schreibe.“

Zum Sterben schön

Zum Schreiben zieht sich Rover gern aus der Metropole Paris zurück, in der er jetzt wieder lebt. Er wechselte in das Familienanwesen am Meer.

„Nur allein und weit weg von der großen Stadt, fließen die Stücke aus meiner Feder“, sagt er, „da stimmt einfach die Stimmung, die aus dieser bewussten Isolation entsteht.“

Und da er das Alleinsein so sehr liebt, hat er da Album während des Winters von 2008 auf 2009 auch gleich komplett allein aufgenommen. Was gleich beim ersten Hören auffällt und einen nicht mehr loslässt, ist Rovers Stimme. Sie changiert irgendwo zwischen David Bowie der ausgehenden 1980er Jahre und Ex-Pulp-Gitarristen Richard Hawley. Es ist auch nicht nur die Stimme, die so unmittelbar ins Ohr geht. Der Mann komponiert, wie früher The Beach Boys, den ewigen Sommer in seine Lieder.

„Ich liebe es, wenn ich mich allein im Studio austoben kann und dabei die Synthesizermaschinen mit analogen Instrumenten kreuzen kann. Etwa mit einem Cembalo“, gibt er Produktionsdetails preis. Rover weiß dabei ganz genau, was er tut. Und lässt sich von der Maschine nie die Kontrolle aus den Händen nehmen. Durch die sich reibenden Kräfte der digitalen und anlogen Welt entstehen Lieder, die zum Sterben schön sind. Gerade auch durch die menschliche Note und die perfekt Unperfektheit, die Rover in seinen Stücken bewusst erhält. Ecken und kanten lässt er stehen und poliert sie nicht unnötig.



Tiefe und Ehrlichkeit

Obwohl sich Rover auch der elektronischen Welt nicht entziehen kann, nimmt er konsequent mit analoger Technik auf.

„Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es mir so viel besser gelingt, die Wärme und die ursprüngliche, teils spröde Atmosphäre meiner Lieder zu konservieren“, merkt er an, „und ihre Tiefe und Ehrlichkeit kann ich so auch besser vermessen.“

Doch wer so ein Album einspielt, einerseits allein, andererseits mit sinfonischen Anklängen, der steht danach vor dem Problem, wie er dass Aufgenommene auf die Bühnenbretter bringt. „Ja, ja“, lacht Rover, „daran sitze ich gerade. Aber das hört sich schwerer an, als es in der Praxis für mich ist.“

Dazu muss man wissen, dass es zwar das erste Album ist, das der französische Künstler vorlegt, aber bandunerfahren ist er deshalb noch lange nicht.

„Bereits mit acht Jahren schenkte mir der Weihnachtsmann eine elektrische Gitarre und einen Verstärker“, blickt er zurück, „damals lebten wir in New York und ich durfte in die Band meiner Brüder einsteigen. Und natürlich wurde im Schmelztiegel New York Englisch gesungen.“

Mit ein Grund, warum er sich mühelos und sogar akzentfrei in dieser Sprache bewegt. Übrigens besucht er dort, wie zuvor Mitglieder der Strokes, das renommierte Lycée Français. Auch sein Leben in Beirut mündet erneut in eine Bandgründung, der regimekritische The New Government. Auch dabei ist wieder einer seiner Brüder im Spiel. Also stehen alles in allem die Chancen nicht schlecht dafür, dass Rover auf der im April anstehenden Tournee zeigen wird, dass er seine Lieder nach allen Regeln der Kunst in eine äußerst spannende Livedarbietung transformieren kann.

Aktuelles Album: Rover (Wagram Group/Indigo)



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